14 - Corona Virus: Prof. Hornegger im Gespräch mit Prof. Berking [ID:15763]
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Liebe Angehörige der FAU, liebe Studis, meine sehr verehrten Damen und Herren,

Ausgangssperre, Kontaktverbot, geschlossene Schulen und Kindergärten, Kurzarbeit, Jobverlust.

Von einem Tag auf den anderen sind wir in diese Extremsituation geraten. Und welche Belastungen

dies für den Einzelnen bedeutet, wissen wir zu gut. Ich werde jetzt mit Professor Matthias

Berking, der an der FAU einen Lehrstuhl für klinische Psychologie und Psychotherapie innehat,

darüber sprechen, wie man diesen Belastungen begegnen kann und was wir tun können, um mit

dieser Situation zurechtzukommen. Lieber Herr Berking, ich begrüße Sie sehr herzlich. Wie geht

es Ihnen? Ausbalanciert, Herr Haunägger, einerseits wollten wir gerade in der Öffnungsveranstaltung

des zu gründenden Ausbildungsinstituts für psychologische Psychotherapeuten hier groß

abhalten, die ist leider Corona-verliegt ins Wasser gefallen. Das ist ein bisschen schmerzhaft.

Andererseits kann man wieder Tennis spielen. Das ist ein Ausgleich dafür. Wir sind ja jetzt

schon in Deutschland fast zwei Monate in diesem strengen Lockdown. Viele Menschen konnten sich

nur innerhalb der engsten Familie bewegen und wir wissen auch, wie viele Single-Haushalte es in

Deutschland gibt und Alleinlebende hatten unter Umständen so gut wie gar keine direkten Kontakte.

Was macht solche eine Situation eigentlich mit uns Menschen? Einiges. Also die Psyche schaltet

da in einer Lahnstufe gelb oder vielleicht sogar rot. Die Psyche muss man sich ja vorstellen als

komplexen Biocomputer, der versucht, bestimmte Grundbedürfnisse zu realisieren und da gehört zum

einen das Bedürfnis nach körperlicher Unversehrtheit dazu. Das steht natürlich an oberster Stelle.

Dann gibt es andere Bedürfnisse, aber auch nach materieller Existenzsicherung, nach Orientierung

und Kontrolle, vielleicht nach Selbstwertsteigerung, nach Bindung, danach positive Erlebnisse zu haben.

Das sind alles so Sollzustände, wo die Psyche versucht oder das Ganze funktioniert und der Psyche

darauf ausgerichtet ist, die zu realisieren und Corona schlägt da natürlich jetzt massiv rein.

Also wenn man sich das erste Grundbedürfnis anschaut nach körperlicher Unversehrtheit, dann ist das

massiv gefährdet. Wenn wir Bilder von uns, also im Fernsehen sehen, von Intensivstationen, wo die

Betten im Flur stehen, dann kommt große Besorgnis auf, inwieweit uns das treffen kann. Andererseits

materielle Existenzsicherung, wenn jetzt ein kleiner Buchladen schließen muss, dann bedroht

das die Existenz. Das löst Alarmzustände aus. Orientierung und Kontrolle ist verletzt. Wir wollen

versuchen, uns ein Bild zu machen. Das ist schwierig in diesen Zeiten, wenn wir die Kurve mal hoch,

mal runter gehen sehen, wenn die Indikatoren wechseln, wenn der eine Experte das empfiehlt,

der andere das empfiehlt, wenn in einem Land diese Praxis praktiziert wird, in einem anderen Land die

andere Praxis praktiziert wird, dann ist das schwer Orientierung zu finden, was das richtige

Handeln ist für den Einzelnen. Kontrolle ist ein Grundbedürfnis. Menschen versuchen, wichtige

Aspekte in ihrem Leben im Griff zu haben, beeinflussen zu können. Kontrolle ist aber

beeinträchtigt, wenn der Staat jetzt Vorgaben macht und sagt, da können sie nicht mehr raus,

Eis essen auf der Wiese ist verboten, in Gruppen treffen ist verboten, so dann ist man eine

persönliche Feier natürlich eingeschränkt und Menschen rebellieren dagegen, haben Berkanzreaktionen

darauf. Bindungsbedürfnis ist wichtig, Menschen sind soziale Wesen, wir sind gern mit anderen

zusammen, die meisten Menschen zumindest, jetzt werden wir da eingeschränkt, so das hat psychische

Reaktionen. Dann diese Tendenz, dass wir möglichst angenehme Erfahrungen maximieren wollen,

unangenehme minimieren wollen, Leute gehen gerne essen, Leute machen gerne Sport, da sind wir

eingeschränkt, so also von daher haben wir bei all diesen Grundbedürfnissen Einschränkungen und

das wirft erstmal eine Stressreaktion aus, das ist eine unspezifische Erregung von Körper und

Psyche, die hochfährt, den ganzen Organismus hochfährt, damit wir schneller und besser agieren

können. Körperlich merken wir das vielleicht in muskulärer Anspannung, aber auch, dass wir nachts

nicht gut schlafen können. Mental merken wir das, dass wir darüber nachdenken über die Situation,

dass wir sorgenvolle grün-bücherische Gedanken haben und uns kognitiv mit der Situation

auseinandersetzen und das ist alles sinnvoll, weil es uns kurzfristig mehr Energie zur Verfügung

stellt, um mit so Herausforderungen umzugehen. Das Problem ist, wenn so ein Stresszustand über

längere Zeit anhält, wir so ein plattou haben oder so ein erhöhtes plattou haben, dann hat das

irgendwann negative Auswirkungen von so psychischer und körperlicher Gesundheit, deswegen muss man

Teil einer Videoserie :

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:17:39 Min

Aufnahmedatum

2020-05-25

Hochgeladen am

2020-05-25 12:05:32

Sprache

de-DE

Ausgangsbeschränkungen, Kontaktverbote, geschlossene Kindergärten und Schulen, Homeoffice, Kurzarbeit oder Jobverlust. Von einem Tag auf den anderen fanden sich die Menschen in Deutschland (und nicht nur hier) in einer extremen Ausnahmesituation wieder. Welche Folgen solche Belastungen auf uns haben können und wie man diesen begegnen kann, darüber spricht Prof. Dr. Joachim Hornegger mit Professor Dr. Matthias Berking, der an der FAU den Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie leitet.

  • Fast zwei Monate war Deutschland im strengen Lockdown. Was macht eine Zeit mit nur wenigen oder gar keinen direkten Kontakten mit den Menschen? (1:13)
  • Die Stimmung in der Gesellschaft ist aufgeheizt. Müssen wir uns vor einer Spaltung fürchten? (4:43)
  • Die Gefahr, der wir ausgesetzt sind, ist potenziell tödlich – und unsichtbar. Wozu kann das führen? (6:33)
  • Gibt es Bevölkerungsgruppen, die besonders stark auf die aktuelle Situation reagieren? (8:22)
  • Was ist zu empfehlen, um eine solche Ausnahmesituation besser ertragen zu können? (11:23)
  • Was kann ich tun, wenn ich spüre, dass mir die Belastungen zu stark zusetzen? (13:05)
  • Viele der FAU-Beschäftigten und die Studierenden arbeiten und lernen derzeit im Homeoffice. Ein paar Tipps, wie das gut gelingen kann. (16:00)

Unter https://www.fau.info/corona informiert die FAU über die aktuell wichtigsten Fragen rund um das Coronavirus (SARS-CoV-2) und seine Auswirkungen auf den Universitätsbetrieb.

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