Der Nachvollzug kanonischer Experimente als Zugang zur wissenschaftshistorischen Analyse experimenteller Praxis
Abstract:
Es gibt eine Reihe von Experimenten aus der Geschichte der Physik, die eine besondere Rolle innerhalb der Physik einnehmen: Experimente wie etwa Millikans Bestimmung der Elementarladung, Fizeaus Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit oder Coulombs Demonstration des Kraft-Abstand-Gesetzes der Elektrostatik finden sich in vielen Lehrwerken wieder und können somit als konstitutiv in der Entwicklung der modernen Physik aufgefasst werden.
Derartige Experimente werden aber oftmals nur prinzipiell in Lehrwerken wiedergegeben, dies gilt sowohl für physikalische wie für wissenschaftshistorische Darstellungen. Mit der Replikationsmethode analysieren wir diese Experimente, indem wir mit quellengetreuen Nachbauten die experimentellen Handlungen nachvollziehen und dabei ein Verständnis für die apparativen Voraussetzungen, die Anforderungen an die Praxen und das in diesen Experimenten erforderliche Handlungswissen entwickeln. Diese Analyse beinhaltet, ermöglicht aber auch eine weitergehende historische Kontextualisierung, so dass insgesamt ein differenzierteres Bild der experimentellen Praxis in der jeweiligen Fallstudie entwickelt werden kann. Gleichzeitig ermöglichen die Fallstudien auch eine weitergehende Analyse des Experimentierens als Methode der physikalischen Erkenntnisproduktion.
Im Rahmen dieses Vortrags wird zunächst kurz die Methode vorgestellt, ehe anhand exemplarischer Beispiele deren Potential sowohl für die Wissenschaftsgeschichtsschreibung als auch für physikalische Bildungsprozesse vorgestellt werden wird.