Herzlichen Dank für die Einführung, in der schon wesentliche Zahlen und wesentliche Züge
dessen, was wir hier zu berichten haben, erwähnt wurden. Unter dem Titel Röntgen, Jubel Röntgenkater,
wollen wir beleuchten die Frühgeschichte, in diesem Fall speziell der Erlanger Anwendung der
Strahlentechnik. Und wenn wir vorne anfangen, der November 1895 wurde schon erwähnt, haben wir
es mit einem ganz außergewöhnlichen Fall von Translational Research zu tun. In der Geschwindigkeit
gelingen heutzutage nur noch ausnahmsweise Übertragungen von einem physikalischen,
eher theoretischen Problem, ein Problem der Grundlagenphysik, einem Problem, nämlich
eine neue Art von Strahlen dazu legen, theoretisch zu begründen und zu überlegen, wie kann man das
experimentell beweisen. Und die Überlegung führte Röntgen dann schließlich dazu, theoretisch
gesehen, dass diese Strahlen, die man nicht sehen kann, die man nicht riechen kann, die man auch
nicht tasten kann unmittelbar, irgendeine spezifische Wirkung haben müssen, die andere
Strahlen nicht haben. Und wenn man diese spezifische Wirkung zeigen kann, dann hat man das bewiesen. Die
ganze Angelegenheit ist in Begriffe des ausgehenden 19. Jahrhunderts rasantem Tempo publiziert worden.
Der erste Bericht ist mitgeteilt worden als Sonderabdruck der Sitzungsberichte der
Würzburger Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft, denn der Jahrgang 1895 war natürlich längst
gedruckt. Und dann hat man ein kleines Heftchen von zehn Seiten plus Umschlag dazu gemacht,
um diese Entdeckung von Röntgen, erzeichnet den Artikel mit Würzburg im Dezember 1895, noch im
Dezember als Nachtrag zu diesen Sitzungsberichten herauszubringen. Zwei weitere Artikel erscheinen
dann 1896 und 1797, aber schon diese erste kurze Mitteilung, die im Dezember 1895 erfolgte, wurde
sehr sehr breit rezipiert und hier eben insbesondere in der Medizin. Um nur zwei Beispiele zu nehmen,
wenn man die Deutsche Medizinische Wochenschrift des Jahres 1896 durchblättert, findet man die
erste Meldung direkt am 23. Januar 1896. Da war der erste Druck aus dem Dezember 1895 im Prinzip noch
warm. Und 33 weitere Artikel, die schon fast alle Aspekte umfassen, von der Diagnose über
Möglichkeiten der therapeutischen Anwendung, über beobachtete Folge, Schäden oder Effekte und ganz
ähnliches eben auch in der Münchner Medizinischen Wochenschrift. Was aber ist eigentlich drauf auf
diesen Bildern, diesen allerersten? Wenn wir uns die vermutlich ersten beiden Bilder angucken,
ist nicht viel drauf. Eine Skaletthand mit einem Ehring. Und dieses Foto gibt es unzählige weitere
Male. Fast an jedem Ort, an dem ein erstes Röntgenfoto gemacht wurde, um zu beweisen,
dass man das selber gemacht hat, hat man dasselbe Motiv genommen. Das ist das eine. Es handelt sich
geradezu um eine Ikone der frühen Röntgenfotografie und sie verweist aber andererseits auf ein
schwerwiegendes erkenntnistheoretisches Problem. Wenn man das Unsichtbare sichtbar macht, dann
stellt sich die Frage, was sieht man eigentlich, wenn man etwas sieht, was man noch nie vorher
gesehen hat, weil es unsichtbar war. Denn Sehen ist zu einem ganz großen Teil Wiedererkennen.
Das heißt speziell die Medizin und die diagnostische Anwendung stand unter erheblichen
Problemen, das erst mal darzulegen. Was hier drauf ist, ist klar. Wie die Skaletthand aussieht,
muss man 1895, 1896 niemandem erklären und den Ehering sieht man auch von außen. Das heißt,
diese Ikone steht auch dafür, dass vorerst bewiesen wird, wir können dieses Verfahren,
wir können auch ein Foto machen, wo eine Skaletthand mit einem Ring drauf ist. Die
andere Fotografie, die es zu der Zeit gibt, ist ja ebenfalls noch ganz jung und auch nicht
viel schärfer. Aber was da nun im Einzelnen, also in den Grautönen drauf ist, ist für die
Zeitgenossen zu einem großen Teil noch relativ unklar. Deswegen war auch die frühe Röntgenfotografie
nicht allein eine Spezialität der Medizin, sondern eine Frage der Unterhaltung und der
Salons. Vermutlich die erste Röntgenapparatur, die in Erlangen war, kam mit dem Spiritisten-Ehe-Paar
Lanet hierher. Sie sehen hier eine Zeitungsanzeige aus den Erlanger Nachrichten aus dem Jahr 1896
und sie laden ein in den Redoutensaal des Theaters, den sie vermutlich kennen, im Mai 1896,
wo sie unter verschiedenen anderen Merkwürdigkeiten eben auch über die Fotografie mit unsichtbaren
Strahlen berichten und ankündigen unter anderem das Fotografieren eines Portemonnaies, einer Hand,
etc. vorzunehmen. Bei dem Portemonnaie haben sie den Effekt eines Zaubertricks. Sie bitten eine Dame
nach vorne, durchleuchten ihre Handtasche und veröffentlichen damit das Intimste, nämlich den
Inhalt dieser Handtasche. Die Dame darf dann leicht erröten, die Handtasche wird geöffnet und
Presenters
Prof. Dr. Fritz Dross
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:10:31 Min
Aufnahmedatum
2016-03-07
Hochgeladen am
2016-03-11 13:57:54
Sprache
de-DE