Absinth war die Modedroge des 19. Jahrhunderts in Frankreich. Er verdankt seine Entstehung einer Reihe von Zufällen (Entdeckung der Mazeration und Destillation des Wirkprinzips aus der Heilpflanze Artemisia Absinthium), der Verwendung des Absinthgetränks zum Infektionsschutz von französischen Soldaten im nordafrikanischen Krieg, der Möglichkeit zur Massenproduktion im Rahmen der aufstrebenden Industrie des 19. Jahrhunderts und der symbolischen Bedeutung von Farbe, Aussehen und der historischen Verwendung. Absinth war das erste, industriell produzierte Rauschmittel, und die preiswerte industrielle Produktion erlaubte den Konsum in allen sozialen Schichten. Viele Maler und Schriftsteller glaubten an die kreativen Kräfte des Absinths. Die pharmakologischen Wirkungen des Absinths sind umstritten. In hoher Dosierung führt das darin enthaltene Thujon zu Erregungszuständen, Halluzinationen und Krämpfen. Chronisch genommen, kommt es zu Nerven- und Nierenschäden. Van Gogh kann als typisches Beispiel für die missbräuchliche Anwendung des Absinths gelten: er malte im Absinthrausch, litt unter Nervenstörungen und beging schließlich Selbstmord. Nebenher hat er aber noch viele andere toxische Substanzen eingenommen. Nach dem Verbot des Absinthkonsums begann die Blüte anderer, industriell hergestellter Rausch- und Suchtmittel: Aus dem Vin Mariani, der Kokain enthält, entwickelte sich Coca Cola, bei dem das Kokain inzwischen durch Koffein ersetzt wurde. Aufstieg, Massenkonsum und Elend des Absinthismus können als Paradigma für andere, auf industrielle Produktion fußende Missbrauchswellen von Psychodrogen und Arzneistoffen unserer Gesellschaft gelten.