Willkommen bei „Vibes auf Our 20´s“, dem Podcast, der kein Blatt vor dem Mund nimmt, wenn es um unsere 20er geht.
Es erwarten euch ungeschönte Stories, Failmoments und alles, was uns aus der Zeit zwischen Freiheit, Ungewissheit und ständigem Geldmangel geprägt hat. Schnappt euch also einen Kaffee, eine Mate oder auch schon das Feierabendbier und joint uns.
Nadine: Mein Name ist Nadine, ich bin 31 Jahre alt und habe in meinen 20ern schon so einige Erfahrungen gemacht, unter anderem Selbstständigkeit, Mutterschaft… aber hört selbst rein.
Niklas: Hallo auch von meiner Seite, ich bin Niklas, 26 Jahre, steure aktuell aufs Ende meiner 20er zu, und habe in der Zeit so einige Erfahrungen gemacht. Ob es Studienabbruch, Ausbildungsabbruch, Auswandern oder auch einfach mal jetzt endlich was durchziehen ist. Aber wie genau das war, erfahrt ihr jetzt.
Wir steigen direkt ein ins Thema. Nadine, ich habe dir einen kleinen Sound mitgebracht und würde gerne einmal wissen, was du direkt damit assoziierst.
Nadine: Es erinnert mich daran, wie ich vor der Haustür stehe, mal wieder den Schlüssel fallen lasse und verzweifelt versuche, zur Haustür reinzukommen.
Niklas: Ja, das Problem kennen wir natürlich alle. Aber worauf ich hinaus wollte, du stehst natürlich vor einer Wohnung, vor einer WG oder auch deiner eigenen. Wie war das denn bei dir damals, als du von zu Hause weggezogen bist? Wie war deine Wohnsituation?
Nadine: Ich komme aus Thüringen, aus Gera, was eine Stadt ist, die nicht allzu groß ist und hatte dort meine kleine trubelige Familie mit kleineren Geschwistern. Was für mich eine ganz schöne Umstellung war, als ich dann nach Dresden gegangen bin. In meine eigene Wohnung, wo ich auf einmal nicht nur alle meine Kosten selber stemmen musste, nein, wo es dann noch einmal völlig ruhig war und ich bei jedem kleinen Geräusch dann zusammengezuckt bin, weil ich dachte, es kommt gleich ein Einbrecher.
Niklas: Das war ja auch eine krasse Umstellung dann für dich, wenn man aus dem Tubel in die Ruhe gekommen ist. Wie war das genau?
Nadine: Die Geräusche haben mich, ehrlich gesagt, völlig fertig gemacht. Wenn irgendwas geklappert hat, wenn sich was bewegt hat, ich hatte solche Angst bekommen, dass ich irgendwann mir eine Katze angeschafft habe.
Niklas: Hat die Katze damals auch was bewirkt?
Nadine: Das hat mich wirklich beruhigt, weil wenn dann irgendwas sich bewegt hat, war es halt die Katze und kein Einbrecher mehr.
Niklas: Also hat die Katze auch gute Abhilfe geschaffen, ein bisschen der Sündenbock?
Nadine: Auf jeden Fall.
Niklas: Und neben dem Alleinsein, was ist dir noch so in Erinnerung geblieben von damals?
Nadine: Dass Toilettenpapier und Putzmittel verdammt teuer sind, wenn du dir die das erste Mal holst. Ganz ehrlich, das sind Kosten, die sonst immer deine Eltern abgenommen haben.
Niklas: War das damals bei deinem ersten Einkauf quasi so ein Aha-Erlebnis? Oh mein Gott, wie teuer ist das eigentlich hier alles?
Nadine: Ja, wirklich auf jeden Fall. Ich dachte, ich werde hier ein Vermögen los, einfach nur für Grundausstattung.
Niklas: Und ist dieses Gefühl geblieben im Nachhinein, auch wenn du die nächsten Male einkaufen gegangen bist? Oder hat sich das dann eher gelegt?
Nadine: Nein, um ehrlich zu sein, habe ich bei jedem Einkauf dann hinterher geweint. Sind wir jetzt mal ganz ehrlich, unser BAföG oder wie auch immer wir finanzieren, reicht jetzt nicht für ein opulentes Leben aus. Das heißt, du musst wirklich mit deinem Geld haushalten. Wie war es eigentlich bei dir? Hattest du eine WG oder eine eigene Wohnung?
Niklas: Also ich bin damals mit 19 ausgezogen, nach meinem FSJ, und bin direkt ausgewandert, wenn man das so sagen kann. Ich bin nach Österreich, nach Tirol gezogen und habe dann dort als Skilehrer angefangen zu arbeiten. Wir haben dann alle im Personalhaus zusammen gewohnt. Wir waren in der Spitze 16 Leute auf einem Fleck. Es war schon ganz schön trubelig manchmal, aber die meiste Zeit war es trotzdem sehr familiär und sehr heimelig, weil wir den ganzen Tag aufeinander gehockt haben. Wir haben zusammen gearbeitet, zusammen gelebt, zusammen gewohnt. Das war ziemlich cool.
Nadine: Und danach bist du dann in eine eigene Wohnung? Ich weiß ja von dir, dass du dann auch zum Studium gegangen bist.
Niklas: Ja, bzw. dann kam erstmal Corona und dann kam natürlich der ganze Tourismus ins Erliegen und ich musste zurück nach Deutschland ziehen. Ich bin dann erstmal daheim wieder eingezogen, habe dann wieder zweieinhalb Jahre zu Hause gewohnt. Was sehr komisch war, muss ich sagen, ich war zu dem Zeitpunkt 21 und bin wieder zu Hause eingezogen. Das hat so ein paar Reibereien geführt daheim, vor allem mit meinem Vater. Und nach zwei Jahren, fast zweieinhalb Jahren, habe ich es auch nicht mehr ausgehalten tatsächlich. Ich habe dann das Studium angefangen hier in Erlangen und bin weggezogen. Und das war auch so der erste richtige Moment für mich, wo ich noch mal ausgezogen bin, weil ich meine Sachen gepackt habe ins Auto und bin einfach in eine WG gezogen. Als ich damals nach Österreich gegangen bin, war das mehr wie auf so eine Jugendfreizeit fahren, die aber dann viereinhalb Monate gedauert hat. Das war mehr das Feeling und nicht so ein Ausziehfeeling tatsächlich.
Nadine: Was würdest du sagen, war eine prägnante Erfahrung in der Zeit, was dich auch geprägt hat?
Niklas: Sachen nicht zu ernst zu nehmen. Die Österreicher sagen so schön „passt schon“. Einfach diese Mentalität. Ich war jemand, der eigentlich sein Leben immer durchgeplant hatte und wusste, wo er hin möchte. Und diese dreieinhalb Jahre in Österreich haben das Ganze sehr entschleunigt. Und ich habe einfach das gemacht, worauf ich Bock hatte. Das nehme ich gerne aus dieser Zeit mit.
Nadine: Wie war es dann für dich, raus von zuhause und weg von der Leine der Eltern?
Niklas: Ich würde tatsächlich bei mir gar nicht von einer Leine sprechen. Die gab es bei uns im Elternhaus nicht. Wir hatten sehr entspannte Eltern. Ich bin der Jüngste von drei. Dementsprechend hatte ich eh die meisten Vorteile, würden meine Geschwister wahrscheinlich so unterschreiben. Und ich hatte nicht das Gefühl, dass ich jetzt in die Freiheit quasi gezogen bin, sondern es war einfach nur ein anderer Ort. Aber wie war das bei dir damals? Bist du quasi ins Freie gezogen?
Nadine: Meine Mama würde behaupten, dass das nicht so wäre, wie ich das jetzt sage. Aber ich glaube, ich bin schon streng erzogen worden mit knallharten Regeln. Das heißt, einfach lange rausgehen, Party hard oder sowas gab es bei mir nicht, bis ich wirklich ausgezogen bin. Ich war auch tatsächlich das erste Mal betrunken erst nach meinem ersten Semester auf einer Tequila-Party. Und was so krass war, ich habe wirklich nur zwei Ecken entfernt gewohnt. Und ich war so betrunken, dass meine Freunde mich nach Hause gebracht haben. Ich wollte sogar auf dem Tisch tanzen. Ein Kumpel von mir hat mich davon abgehalten und bereut das bis heute. Ich meine, hätte er mich einfach nur gelassen, wäre es bestimmt noch viel witziger geworden an dem Abend.
Niklas: Tequila-Party hört sich auf jeden Fall nach einem wilden Spaß an.
Nadine: Ja, damals hat der Tequila noch 80 Cent gekostet. Ein ganzes Tablett mit zehn Stück 8 Euro. Und natürlich hat jeder dann einfach mal so ein Tablett geholt, manche sogar zwei. Jetzt kann man sich vorstellen, dass wir ganz schön betrunken waren. Und ich kannte natürlich meine Grenzen auch nicht, weil ich vorher nicht wirklich getrunken habe. Ich glaube, das war das Glück meiner Mama. Ich hatte immer Bauchkrämpfe bekommen und deswegen einfach nicht weiter getrunken.
Niklas: Ja, an dem Abend war es dann etwas anders. Da hat dann mal die Party-Stimmung übernommen, würde ich sagen.
Nadine: Ja, voll.
Niklas: Aber mit den Schnäpsen, das kann ich nur sehr gut relaten. Als ich in Österreich war, hat auch damals die Mutter von meinem Chef mit im Haus gewohnt. Und die hatte hinten im Haus eine Schnapsbrennerei und hat seit 30 Jahren dort gebrannt. Dementsprechend stand jeden Abend klarer, gebrannter Schnaps von der Helga auf den Tisch. Und den haben wir uns fast jeden Abend auch genüsslich einverleibt.
Nadine: Oh wow!
Niklas: Aber da muss ich sagen, da habe ich auch im Nachhinein eine sehr krasse Erfahrung gemacht, die mich bis heute prägt. Weil man gemerkt hat, dass man am Anfang der Saison zwei, drei Schnäpse am Abend getrunken hat und gut angedüdelt war. Und im Laufe der Saison hat sich das so stark gesteigert, dass du am Ende, so nach drei, vier Monaten, am Abend deine acht, neun, zehn Schnäpse getrunken hast. Und auf dem gleichen Level warst, wie am Anfang der Saison bei dreien. Da habe ich gemerkt, scheiße, wie schnell wird man resistent gegen Alkohol. Und deswegen waren die Sommerphasen dann immer entspannter. Da wurde nicht so viel getrunken, damit man im Winter, na ja, wieder mehr trinken konnte.
Nadine: Was hast du dann in den Sommerferien gemacht oder in diesen Sommerphasen?
Niklas: Ich bin in Österreich geblieben und habe eine Ausbildung zum Raft-Guide gemacht und zum Canyoning-Guide. Und habe im Sommertourismus gearbeitet, hatte jeden Tag zwei Touren, die ich geleitet habe. Und bin so von Woche zu Woche gesprungen.
Nadine: Das heißt, deine berufliche Karriere oder auch deine Ausbildungskarriere-Studium war ja schon unterschiedlich angehaucht?
Niklas: Ja, sehr unterschiedlich. Sehr unterschiedlich war das bei mir. Ich habe erst angefangen mit einem FSJ damals nach dem Abi im Rettungsdienst. Bin dann eben in den Tourismus gegangen und habe dann als Corona los ging wieder hauptamtlich im Rettungsdienst angefangen, als ich in Deutschland war. Weil ich immer Medizin studieren wollte. Habe das jahrelang versucht über alle möglichen Wege, aber habe es dann nie geschafft. Und als ich 24 war, und mitten in meiner Ausbildung zum Notfallsanitäter, habe ich mich dann dazu entschieden, das ganze Projekt abzubrechen an diesem Punkt. Und eben meine zweite Lebenswahl getroffen und angefangen Politik und Theater- und Medienwissenschaften zu studieren.
Nadine: Empfindest du das selbst als nachteilig, dass dein Weg nicht gradlinig war, sondern so ein Auf und Ab?
Niklas: Im Nachhinein hätte ich vielleicht das ein oder andere Jahr gerne früher mit dem Studium begonnen, doch. Vor allem so die letzten anderthalb Jahre der Ausbildung. Aber im Endeffekt muss ich sagen, ich bin über jedes Jahr doch irgendwo auch froh, weil jedes Jahr seine ganz besondere und eigene Erfahrung mitgebracht hat. Und diese Lebenserfahrung, die kann mir keiner mehr nehmen und da bin ich froh drum. Und auch mit ein paar Jahren mehr auf der Uhr ins Studium zu starten, ist nicht falsch. Ganz im Gegenteil, ich finde es eigentlich sogar sehr gut. Man lernt vielleicht früher schon seinen Studienalltag und sein Leben zu managen. Und dadurch fällt mir das Ganze schon noch einfach aktuell trotz einem Nebenjob noch.
Nadine: Ja, ich bin da ganz bei dir. Auch mein Weg war nicht gradlinig, sondern hoch und runter. Und ich habe ja auch schon mit 26 dann meine Tochter bekommen. Das war auch noch mal eine ganz schöne Lebensumstellung.
Niklas: Und wenn du jetzt so auf die 20er Jahre zurück schaust und besonders mit dem Aspekt des Studierens, was würdest du jungen Menschen gerade, die die Schule beenden, mit an die Hand geben, mit auf den Weg geben vielleicht?
Nadine: Die 20er sind die Jahre zum Ausprobieren, eindeutig. Ich glaube, du hast es mal beschrieben mit Flummi-Lebensphase.
Niklas: Mit Flipper. Ich sage immer gerne Flipper-Jahre, weil das wie in so einem Flipper-Automaten quasi die Jahre sind, wo die Kugel von rechts nach links springt, bis sie dann irgendwann im Ziel landet.
Nadine: Ich denke, das beschreibt es ganz gut. Und diese Phase sollte man auch nutzen und mitnehmen, seine Erfahrungen machen, im Guten wie im Schlechten. Wir verurteilen so gern die Phasen, die nicht so laufen und wo es vielleicht auch ab und zu weh tut. Aber genau das sind die Phasen, wo wir auch über uns lernen, was wir nicht wollen, um dann wiederum darauf zu gehen, was wir eigentlich wollen. Und in den 20ern hast du noch nicht so viel Verantwortung. Die wenigsten haben da schon Kinder, sind verheiratet, haben schon einen richtig festen Job, wo sie sagen, dort wollen sie erst mal bleiben. Es sind die Jahre zum Ausprobieren. Von daher nutzt das. Besser, es zu tun und hinterher zu sagen „okay, ich habe die Lebenserfahrung mitgenommen“ als zu sagen „oh hätte ich doch einfach mal“. Von daher, do it!
Niklas: Das waren wirklich sehr schöne Worte am Ende, Nadine. Da kann ich nur mitgehen, voll und ganz. Genießt die Zeit, habt euren Spaß in den 20ern. Und da kommt die Mentalität, die ich in Österreich gelernt habe, durch. Leute, das passt schon. Alles klappt irgendwie, alles funktioniert.
Nadine: Das sind passende letzte Worte. Vielen Dank fürs Zuhören!
Niklas: Vielen Dank und vielleicht bis aufs Wiederhören.