Das christliche Mittelalter interessierte sich wie alle Gesellschaften für die Zukunft. Dabei waren christliche Traditionen prägend, aber keinesfalls uniform; antike Orakeltraditionen konnten in Form von prophetischen Weissagungen wieder aufleben. Der Vortrag thematisiert drei Aspekte: Vor dem Hintergrund einer biblischen Tradition scheint die Verbindung von Apokalypse und Geschichtstheologie auf der Ebene gelehrter Diskussionen geblieben zu sein. Demgegenüber dürfte, zweitens, der Blick ins Jenseits für viele besonders attraktiv gewesen sein. Hier erhielten biblische Prophezeiungen noch besser als in bildlichen Darstellungen ein konkretes Aussehen. Der Blick auf die Sterne erlebte schließlich, drittens, durch die großen Übersetzungen und Rezeptionsprozesse des 12./13. Jahrhunderts an den Grenzen Lateineuropas eine ganz neue Dynamik, die auch die theoretisch-philosophische Diskussion beflügelte. Hier versuchte man, christlichen Glauben, Astrologie und mantische Praktiken in ihrem Verhältnis zu bestimmen.