Podcast Transcript
Liebe Fahrgäste, mein Name ist Christina Merkel. Ich bin Wissenschaftsredakteurin im Verlag Nürnberger Presse bei den Nürnberger Nachrichten und der Nürnberger Zeitung. Herzlich willkommen heute in unserer FAU Straßenbahn zum Thema der Menschenrechte. Wir fahren jetzt vom Plärra, wie Sie schon gemerkt haben, bis zum Hauptbahnhof. Von dort geht es dann weiter zum Dokumentationszentrum und zum Tiergarten und wieder zurück. Sie können an allen Haltestellen kurz aussteigen. Wir machen eine kurze Pause, Türen auf Luft schnappen und auch neue Gäste können zusteigen. Also wenn alle Sitzplätze besetzt sind, sind wir tatsächlich 70 Leute, die heute mehr über die Menschenrechte lernen wollen. Unsere Referentinnen und unser Referent stellen ihr Thema etwa zehn Minuten lang vor und anschließend ist jeweils Zeit für Ihre Fragen. Ich komme dann mit dem Mikrofon zu Ihnen. Zuerst darf ich unseren ersten Referenten vorstellen, Markus Grojesky. Er ist Professor für Rechtswissenschaften und Sprecher des Interdisziplinären Forschungszentrums Center for Human Rights Erlangen Nürnberg. Herzlich willkommen. Vielen Dank für die Begrüßung. Ich darf auch Sie ganz herzlich begrüßen. Ich versuche so ein bisschen in beide Richtungen zu schauen und dabei nicht umzufallen. Das wird jetzt die große Herausforderung werden. Ich freue mich sehr, dass Sie heute Abend alle hierher gekommen sind. Wir fahren ja mit der FAU Straßenbahn, die das Motto trägt, Wissen in Bewegung, Wissen in Bewegung, Wissen bewegt. Wir bewegen Wissen, uns bewegt das Wissen. Das ist ja sozusagen das Bedeutungsfeld unseres Motto. Wir fahren mit dieser Straßenbahn, die ja diese Botschaft durch Nürnberg trägt, durch Nürnberg, durch Nürnberg die Stadt des Friedens und der Menschenrechte. Und das ist sehr passend für uns natürlich, denn wir an der FAU, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg, ich habe gerade eben schon so von Merkel gesagt, nach wie vor sind wir stolz darauf, die größte Universität in Nürnberg zu sein und das wird wahrscheinlich auch noch eine Weile lang so bleiben, wenn ich so die Entwicklungen unserer Schwester und vielleicht auch anderen Organisationen betrachte. Wir sind eine Universität an zwei Standorten. Gerade haben wir in der Zeitung gelesen, eine tolle Uni, zwei tolle Städte so ungefähr. Und das Thema Menschenrechte ist ein Thema, das uns an der FAU schon seit langem bewegt, Wissen bewegt. Und deswegen passt das so wunderbar, dass wir mit dieser Straßenbahn durch die Stadt der Menschenrechte fahren. Sie wissen, wenn ich so in die Gesichter schaue, denke ich, das wissen alle, Nürnberg ist Stadt der Menschenrechte seit des Friedens und der Menschenrechte seit ungefähr 30 Jahren mit ganz vielen Aktivitäten. Ich nenne den Nürnberger Menschenrechtspreis, ich nenne das Nürnberger Menschenrechtsfilmfestival, die zivilgesellschaftlichen Akteure, Nürnberger Menschenrechtszentrum, Amnesty-Gruppen und so weiter und natürlich auch die Stadt mit ihrer Erinnerungskultur. Wir sind am Plärer losgefahren. Ich denke viele von Ihnen wissen auch, dass am Plärer das Mahnmal für die Verbrechen an den Zwangsarbeitern ist. Man übersieht das häufig, aber es ist glaube ich ganz wichtig, dass man sich auch klarmacht, dass das eben auch Teil der Nürnberger Erinnerungskultur ist. Ich bin gebeten worden, nur recht wenig über uns und unsere Aktivitäten zum Thema Menschenrechte zu sagen. Wir haben an der FAU vor gut 15 Jahren angefangen, dieses Thema immer stärker in Forschung und Lehre zu verankern. Wir feiern heuer das zehnjährige Jubiläum unseres internationalen interdisziplinären Masterstudiengangs. Also wenn Sie morgen Abend noch nichts vorhaben, kommen Sie bitte gerne in den Marmor-Saal des Presseclubs am Gewerbemuseumsplatz. Da haben wir die Eröffnung unseres Masterstudiengangs des Akademischen Jahr dieses Jahres. Da überreichen wir den Graduierten die Zeugnisse und freuen uns, dass da wieder eine neue internationale Gruppe gekommen ist. Und wir haben eine Keynote, also sozusagen eine Eröffnungsrede von Cirpa Rautio. Das ist die Direktorin der Europäischen Grundrechte Agentur, also sozusagen der obersten Menschen- und Grundrechtsüberwachungs- und Nachdenkinstitution der Europäischen Union. Cirpa Rautio kommt zum ersten Mal nach Nürnberg und insofern freuen wir uns sehr, dass sie bei dieser Gelegenheit auch zu uns spricht und zu unseren Masterstudentinnen und Studenten. Also wenn Sie Lust haben, kommen Sie da gerne vorbei, gibt anschließend auch einen kleinen Schluck Sekt oder so oder auch Orangensaft, habe ich mir sagen lassen, ist auch in den sozialen und anderen Medien Informationen zu finden. Wir haben im letzten Jahr, auch das stand ja in der Zeitung, das große Glück gehabt, dass wir in Nürnberg an einer für Menschenrechtsaktivistinnen, Aktivisten und Forscherinnen und Forscher wunderbaren Adresse, nämlich am André-Sacharoff-Platz-1, das Menschenrechtszentrum der FAU in Nürnberg eröffnen durften. André-Sacharoff-Platz-1 sagt vielleicht nicht jedem was, Insel Schütt, Mensa-Insel Schütt sagt vielleicht einem anderen was, genau und André-Sacharoff war ein sowjetischer Dissident und Menschenrechtsaktivist und wir freuen uns sehr, dass wir sozusagen jetzt eine Adresse haben, die beginnt mit FAU Menschenrechte, André-Sacharoff-Platz Nürnberg, also ich sage immer im Scherz, eine bessere Adresse für ein Forschungszentrum zu Menschenrechte kann man sich kaum vorstellen. Unser voller Name ist schon genannt worden, wir sind das FAU Forschungszentrum Center for Human Rights Erlangen Nürnberg, wir sagen lieber einfach Crenn, weil natürlich Abkürzungen immer gut sind und Crenn kann natürlich auch bedeuten, die Menschenrechte sollen ein bisschen Schärfe und Würze in die Forschung und in die Lehre bringen. In der Forschung haben wir eine ganze Reihe von Aktivitäten und natürlich werden Sie heute Abend davon einiges mitbekommen. Wir haben zum Beispiel ein internationales Doktorandenprogramm, wo wir uns mehr mit Fragen von Wirtschaft und Menschenrechten beschäftigen, wir haben aber natürlich auch andere Doktoranden und Doktor-Promotionsprojekte, die sich mit Fragen beschäftigen, die ein bisschen stärker auch das nationale Recht in den Blick nehmen und wir haben auch, das ist auch ganz wichtig, es geschafft in den letzten Jahren neue Kolleginnen und Kollegen nach Nürnberg bzw. Erlangen an die FAU zu bekommen, da sind wir sehr froh auch unter anderem Eva Pilz, die am Ende der heutigen Fahrt noch ein bisschen was sagen wird. Man kann sich natürlich jetzt auch fragen, was heißt denn überhaupt Forschung zu Menschenrechten, also dass man Menschenrechte erkämpfen muss, dass man Menschenrechte sich dafür einsetzen muss, politisch, rechtlich, im gesellschaftlichen Leben, das ist glaube ich den meisten hier auch klar. Was bedeutet denn jetzt Forschung, wie forscht man zu Menschenrechten? Und da ist natürlich die erste Betrachtung, dass das ein Thema ist, das für uns gar nicht einem bestimmten Fachgebiet zuzuordnen ist. Traditionell an vielen Universitäten und so ist es bei uns auch, ist es ein Thema, das die Juristinnen und Juristen interessiert, also Menschenrechte sind ja auch in internationalen Verträgen verankert oder viele von ihnen kennen natürlich auch die europäische Menschenrechtskonvention und da geht es natürlich auch um die Fragen, wie kommen solche juristischen Texte eigentlich zustande, wie muss man sie verstehen, wie muss man sie interpretieren, wer wendet sie eigentlich an, wie werden sie eigentlich durchgesetzt. Aber das ist uns ganz wichtig an der FAU, wir beforschen dieses Thema eben aus unterschiedlichen Perspektiven, wir nennen das dann interdisziplinär, das heißt also bei uns sind neben den Juristinnen und Juristen auch Politikwissenschaftlerinnen, Politikwissenschaftler dabei, wir haben auch Soziologinnen und Soziologen, Historikerinnen, Historikerinnen, wir haben Erziehungswissenschaftlerinnen, wir fahren ja nachher wenn wir Richtung Dokuzentrum fahren auch noch an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät vorbei, ich möchte über deren Zukunft aktuell jetzt hier nichts sagen, das steht alles in der Zeitung, das können Sie alles nachlesen, aber das ist uns wichtig, dass wir in diesen unterschiedlichen Disziplinen uns mit dem Thema Menschenrechte beschäftigen, das bedeutet natürlich auch, dass wir Menschenrechte in ganz unterschiedlichen geografischen territorialen Kontexten in den Blick nehmen, wir beschäftigen uns natürlich mit der Menschenrechtssituation in anderen Ländern, aber, das ist uns ganz wichtig, wir beschäftigen uns natürlich auch mit der Menschenrechtssituation in Europa, in Deutschland, in Bayern, in Nürnberg, also für uns ist das ein Thema, das jetzt nicht irgendwo weit weg meinetwegen in New York oder in Genf oder sonst wo verhandelt wird oder das nur eine Rolle spielt, wenn man darüber spricht, was eigentlich in Den Haag ist, sondern es geht uns um Fragen auch, wie Menschenrechte auf lokaler Ebene eine Rolle spielen können. Das ist das Feld, das wir als sozusagen unser Forschungsfeld bezeichnen würden und ich glaube, wo sind wir denn jetzt gerade, wir fahren noch ein Stückchen, ich würde jetzt an dieser Stelle mit Ihrer Erlaubnis meine kurze Vor- und Einführungsrede beenden und stünde auch für die eine oder andere Einführungsfrage noch gerne zur Verfügung, bevor dann der erste inhaltliche Vortrag kommt. Ich bedanke mich jedenfalls für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich, dass Sie mit uns fahren. Vielen Dank. Gibt es schon eine erste Frage aus dem Publikum? Gerne Handzeichen und ich komme zu Ihnen. Ja. Als Frau aus der Praxis möchte ich Sie fragen, wie weit haben Ihre Forschungen auch mit praktischer Anwendung von Menschenrechten zu tun? Ja, vielen Dank. Das ist eine ganz, ganz tolle Frage. Ich könnte jetzt auch die nächsten zwei Stunden bestreiten. Nein, also das ist eine wichtige Frage. Ich glaube, wir sollten zwei Sachen vor Augen führen. Zum einen Wissenschaft und wissenschaftliche Forschung, wissenschaftliche Lehre hat natürlich auch einen Platz, wenn es noch nicht unbedingt unmittelbar eine praktische Konsequenz hat. Also wir denken auch über Dinge nach, wo wir nicht sofort erklären können, welche praktische Konsequenz hat das eigentlich. Das muss Wissenschaft auch tun, weil ich glaube Wissenschaft braucht auch so ein bisschen einen Raum, in dem man auch mal nachdenken kann, ohne gleich die Frage zu hören, und was bringt das jetzt? Aber Sie haben völlig recht und insofern bin ich für die Frage sehr dankbar. Wir dürfen auch vor dieser Frage nicht ausweichen. Also wir müssen natürlich uns fragen, was bringt es eigentlich, wenn wir uns damit beschäftigen, denn Wissenschaft ist aus meiner Sicht eben auch etwas, was natürlich zu sozialer Veränderung, politischer Veränderung beitragen soll. Ich könnte jetzt sehr viele Beispiele zitieren. Ich will mal vielleicht ganz kurz das Privileg nutzen, dass ich das Mikrofon in der Halt habe und etwas über meine Forschung erzählen, weil ich erstaunlicherweise die am besten kenne. Ich beschäftige mich zum Beispiel mit Fragen der Verantwortung von Unternehmen für Menschenrechte und beschäftige mich da ganz konkret mit dem Lieferketten-Sorgfallspflichtengesetz, von dem Sie vielleicht auch schon mal gehört haben. Kürzlich hat unser Bundeskanzler gesagt, das kann weg. Daraufhin hat der Arbeitsminister gesagt, das kann nur deswegen weg, weil jetzt ein europäisches Gesetz kommt. Das hat mich dann sehr gefreut, weil das natürlich auch so ist. Wir haben auch auf europäischer Ebene eine Richtlinie und eine ganz konkrete Frage, weil Sie nach Praxis gefragt haben, ist, wenn ich auf dieses Lieferketten-Gesetz schaue und gefragt werde, wie muss man das eigentlich auslegen, dann würde ich sagen, das ist auszulegen vor dem Hintergrund der internationalen Menschenrechtsstandards und dann wird gefragt, zum Beispiel, da steht drin, die Unternehmen müssen darauf achten, dass es sichere Arbeitsplätze in ihrer Lieferkette gibt. Jetzt kann man fragen, was sind sichere Arbeitsplätze? Keine Kinderarbeit, wobei auch da gehen die Diskussionen los, was ist Kinderarbeit? Wir sprechen inzwischen auch in der Forschung oder in der Praxis von ausbeuterischer Kinderarbeit oder von bestimmten Formen von Kinderarbeit. Also natürlich muss man da auch differenzieren. Wenn wir jetzt über sichere Arbeitsplätze reden, gibt es zum Beispiel internationale Standards, die da ausgearbeitet worden sind und die in der Anwendung dieses Gesetzes eine Rolle spielen sollten. Und das ist etwas, was noch nicht jeder so erkannt hat, weil viele, die sich mit diesem Gesetz beschäftigen, vor allen Dingen über die Berichtspflichten und das es ein Bürokratie-Monster ist, sprechen. Und da versuche ich natürlich mit meiner Forschung dann ein Stück weit dagegen zu halten. Das wäre mal so ein Ergebnis, wo man auch sagen kann, es kann auch mal praktisch relevant werden. Wir nähern uns zum Hauptbahnhof. Wir hätten vielleicht noch Zeit für eine Frage. Dann habe ich eine. Herr Greischke, was ist denn Ihr Lieblingsplatz der Menschenrechte in Nürnberg? Oh, das ist ganz einfach. Mein Lieblingsplatz der Menschenrechte ist die Straße der Menschenrechte. Also ich gehe mit allen meinen internationalen Gästen, sowohl mit meinen wissenschaftlichen, als auch mit meinen privaten Gästen wahnsinnig gerne durch die Straße der Menschenrechte. Und was ich am besten, also man hört vielleicht meinem Idiom an, dass ich jetzt nicht in Franken groß geworden bin. Also ich bin seit 14 Jahren mit meiner Familie sehr glücklicher Wahl-Franke und Wahl-Nürnberger. Aber was ich so toll finde an der Straße der Menschenrechte, abgesehen von den vielen Sprachen und den Diskussionen, die man darüber führen kann, warum diese Sprachen und warum Spanisch am Ende und warum Hebräisch. Nein, es ist nicht Hebräisch, es ist Jiddisch am Anfang. Da kann man ja sehr viele Diskussionen finden. Was ich so toll finde, ist die Geschichte. Die Geschichte, dass es Dani Karavan war, der die Menschenrechte nach Nürnberg gebracht hat. Das ist eine etwas verkürzte Geschichte natürlich, aber ich finde das ganz toll und deswegen ist das für mich ein Ort, an den ich sehr gerne gehe. Und ich habe das Gefühl, viele internationale Gäste, wissenschaftliche Kolleginnen und Kollegen, die spüren dann, das ist nicht nur etwas, was wir in Bibliotheken und Schreibtischen machen, sondern wir sind auch im öffentlichen Raum unterwegs. Und jetzt noch ein Geheimtipp, den vielleicht nicht so viele kennen, wie die Straße der Menschenrechte. Also ich weiß nicht, ob das ein Geheimtipp ist, aber ich finde es ist wichtig, wenn man durch die Straße der Menschenrechte geht, dass man dann eben durch den Torburgen geht und gegenüber vom Café am Opernhaus das Mahnmal für den NSU-Morde sich anschaut und darüber spricht. Und wenn man da steht, das wissen wahrscheinlich auch viele, steht man ja genau da, wo auf der anderen Seite dem Deutschen Hof der Balkon war, auf dem Hitler immer stand. Und ich finde, das ist ein Ort, an dem ich wirklich, also wenn man da so steht und sich diese Geschichte vor Augen führt, dann spürt man, was in dieser Stadt passiert ist, aber was auch in dieser Stadt an der Erinnerungskultur möglich ist. Also insofern, ich glaube es ist, ich habe nicken gesehen, es ist kein Geheimtipp, wer es noch nicht gesehen hat, bitte einmal durch die Straße der Menschenrechte durchgehen, bevor Sie sozusagen dann zur U-Bahn-Haltestelle Oberhaus gehen, das Mahnmal für die NSU-Morde. Vielen Dank. So, wir fahren weiter. Herzlich willkommen all unsere neu zugestiegenen Gästen zu unserer FAU-Straßenbahn Wissen in Bewegung zum Thema Menschenrechte. Ich darf Ihnen unseren zweiten Referenten vorstellen. Neben mir steht Jakob Nils. Er ist Doktorand am internationalen Doktorandenkolleg Wirtschaft und Menschenrechte an der FAU und forscht zu den Menschenrechten in internationalen ökologischen Krisen. Als Jugendvorstand, ehemaliger bei Amnesty International, hat er eine Koordinationsgruppe aufgebaut, die sich mit den Folgen des Klimawandels befasst. Herr Nils, herzlich willkommen. Ja, ganz vielen Dank. Vielen Dank für die nette Einführung. Ich muss sagen, für mich erfüllt sich heute hier ein Kindheitstraum. Ich habe immer davon geträumt, mal Ansagen in Flugzeugen, Zügen oder Trams machen zu dürfen. Und die gute Nachricht ist, dass ich Ihnen heute keine Weichenstörungen ankündigen muss oder keine Bauarbeiten, sondern dass ich über ein Thema reden darf, das mir sehr am Herzen liegt. Und zwar möchten wir heute reden, wie schon angekündigt, über die Menschenrechte und über die Frage, welche Rolle die Menschenrechte einnehmen können im Kampf gegen die ökologischen Krisen. Sie haben es schon gemerkt, ökologischen Krisen, das ist eine Mehrzahl, denn wir reden nicht nur von der Klimakrise, wir reden auch von Umweltegradation, wir reden auch vom Artensterben. Also wir haben es zu tun mit einer multiplen Krise, mit sehr vielen unterschiedlichen Dimensionen. Neben der wackeligen Position, in der ich hier bin und der Tatsache, dass ich so in zwei Richtungen gucken muss, muss ich sagen, es ist eine weitere Herausforderung, dass ich keine PowerPoint-Folien heute habe, sehr sehr ungewohnt. Und deswegen würde ich Sie bitten, dass Sie mir einmal unter die Arme greifen und Ihre eigenen Folien in Ihrem Kopf einmal abgreifen. Wenn Sie möchten, könnten Sie mal ganz kurz die Augen schließen, alle außer der Fahrer bitte, und könnten sich vorstellen, welche Bilder Sie mit der Klimakrise oder mit den ökologischen Krisen in Verbindung bringen. Und während Sie das tun, kann ich Ihnen schon mal so ein bisschen Inspiration geben. Vielleicht denken Sie gerade an großflächig abgestorbene Wälder im Harz durch den Borkenkäfer, vielleicht denken Sie auch an den ausgehungerten Eisbär auf der Eisscholle, vielleicht denken Sie an ausgebleichte Riffe vor der australischen Küste. Vielleicht, und damit kommen wir dem Thema für heute ein bisschen näher, denken Sie aber auch an Menschen. Vielleicht denken Sie an Menschen, die durch das Ahrtal, durch Fußgängerzonen auf Schlauchbooten paddeln. Vielleicht denken Sie aber auch an die Masse von Menschen, die 2005 vor der Townhall in New Orleans stand, weil sie ihr Obdach während des oder im Zuge des des Hurricanes Katrina verloren hat. Und damit sind wir schon beim Casus Cnaxus, beim menschenrechtsbasierten Ansatz zur Bekämpfung der Klimakrise, der eben sehr sehr deutlich macht, dass wir bei den ökologischen Krisen nicht nur über die Natur reden, nicht nur über Tiere, nicht nur über Pflanzen, nicht nur über Ökosysteme, sondern auch über Menschen. Und es gibt ja in der Tat sehr sehr viele Argumente, warum wir Umweltschutz betreiben sollten. Wir haben die ökologischen Argumente, die so gehen, dass wir sagen, wir müssen die Umwelt schützen, weil sie einen inherenten Wert hat. Es gibt ökonomische Argumente, die sehr sehr präsent sind, zum Beispiel in der medialen Berichterstattung, die so gehen, dass man sagt, wir müssen die Umwelt schützen, weil die Kosten in der Gegenwart, die sind geringer als die Kosten für die Kompensation der Schäden, die in der Zukunft entstehen werden. Das Menschenrechtsargument wiederum, das ist ein anderes, da gucken wir nicht direkt auf die Kosten, sondern wir sagen, wenn Menschen in ihren Rechten verletzt sind, dann ergibt sich daraus eine Pflicht klimapolitisch aktiv zu werden, umweltpolitisch aktiv zu werden. Ich möchte gerne zwei Dinge machen. Das erste ist, ich würde ein paar grundsätzliche Überlegungen vorstellen und dann drei konkrete Ansatzpunkte, drei Ansatzpunkte, wie die Menschenrechte hilfreich sein können im Kampf gegen die Umweltkrisen, im Kampf gegen die Klimakrise. Aber zunächst die grundsätzlichen Überlegungen. Ganz grundsätzlich muss man sagen, dass Menschenrechte ein lebendiges Konzept sind, ein dynamisches Konzept. Es ist ja ein sehr sehr altes Konzept. Es gibt großen Streit oder große Debatten darüber, wie weit man die Menschenrechte zurückdatieren kann. Aber nehmen wir zum Beispiel das Jahr 1948, als die allgemeine Erklärung der Menschenrechte entstanden ist, die Mütter und Väter dieser Deklaration, die hatten mit Sicherheit die Klimakrise und andere Umweltkrisen gar nicht im Kopf, konnten sie auch nicht haben, das spielte damals einfach keine Rolle. Und nichtsdestotrotz ist es so, dass wir den Mechanismus haben, dass die Prinzipien, dass die Grundsätze, die Menschenrechte beinhalten, gleich bleiben, aber eben die Bedingungen, unter denen sie wirken, sich verändern. Und das ist eigentlich auch das Schöne an der Menschenrechtsarbeit, dass man rausgucken muss, dass man rausgucken muss und sehen muss, welche Herausforderungen sich gestalten und auch welche neue Herausforderungen. Und da gehört eben die Umweltkrise oder die Umweltkrisen mit dazu. Nun stellt sich natürlich die Frage, von welchen Menschenrechten sprechen wir eigentlich. Es gibt ja eine weite Palette und die Antwort, welche Menschenrechte im Kontext der Klimakrise, im Kontext der Umweltkrise relevant sind, ist gleichermaßen einfach und komplex. Die Antwort lautet nämlich alle. Natürlich kann man sich bestimmte Rechte herauspicken. Man kann sagen, das Recht auf Wohnen, das ist sehr offensichtlich betroffen, wenn Menschen bei Extremwetterereignissen ihr Obdach verlieren. Man kann sagen, das Recht auf Gesundheit, das ist betroffen, wenn sich Ökozonen verschieben und dann auch Krankheitserreger. Man kann sagen, das Recht auf Nahrung ist betroffen, wenn Ernten ausfallen. Aber man kann auch zu allen anderen Rechten die Beziehung herstellen zur Klimakrise und zu den Umweltkrisen. Und ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Klimakrise nicht im luftleeren Raum stattfindet, sondern dass sie stattfindet in einer Welt, die sehr ungleich ist. Und durch die Brille der Menschenrechte werden diese Ungleichheiten auch zu Ungerechtigkeiten. Denken wir nochmal an New Orleans. Ich habe davon schon drüber gesprochen. An Katrina. Die Menschen vor der Townhall. Das waren nicht irgendwelche Menschen, sondern das waren Menschen, die schon marginalisiert waren, die wenig beigetragen haben zu den Umweltkrisen und aber am meisten darunter leiden im Fall von New Orleans vor allem die schwarze Bevölkerung. Jetzt kann man sagen, das ist ungerecht und die Frage stellen, warum brauchen wir die Brille der Menschenrechte? Warum brauchen wir die Sprache der Menschenrechte? Reicht es nicht, wenn wir andere Gerechtigkeitskonzepte nehmen? Reicht es nicht zu sagen, was in New Orleans passiert ist? Das war sozial ungerecht. Es gibt aber einen ganz besonderen Punkt bei den Menschenrechten und zwar, dass sie eine Pflichtendimension haben. Das habe ich vorhin schon angesprochen. Dort, wo ein Recht verletzt wird von einer bestimmten Person, da ergibt sich eine Pflicht von einer anderen Instanz. In der Regel sind das Regierungen. Und diese Pflichten, die gelten moralisch, die gelten politisch, können politisch erstritten werden und, und das ist besonders wichtig und einzigartig bei Menschenrechten, die gelten auch juristisch. Das bedeutet, die können auch vor Gerichten erstritten werden. Die drei Ebenen, drei Ansatzpunkte, warum oder wie Menschenrechte relevant werden können im Kontext von Umweltkrisen. Das erste ist das Stichwort Mitigation. Mitigation bedeutet nichts anderes als Treibhausgasminderung oder Reduktion. Das heißt weniger CO2 in die Luft pusten, wenn man es ganz plump formulieren möchte. Wie hängen Mitigation und Menschenrechte, wie hängen diese beiden Themen zusammen? Nun, es gibt ein menschenrechtliches Gebot, Emissionen zu reduzieren, weil eben bei fortschreitender Erwärmung der Erde, bei fortschreitender Umweltegradation auf der Erde Menschenrechtsverletzungen zu erwarten sind. Und so sehen wir das zum Beispiel auch bei zahlreichen Klimaklagen, die weltweit gefochten werden, wo häufig, nicht immer, aber häufig Staaten am Ende dazu verpflichtet werden oder wo es zumindest probiert wird, Staaten dazu zu verpflichten, dass sie ihre Treibhausgasemissionen reduzieren. Das zweite Stichwort heißt Environmental Human Rights Defenders. Es gibt sehr, sehr viele Menschen, die Menschenrechte verteidigen, Aktivistinnen, Aktivisten auf der ganzen Welt. Und es gibt eben auch jene, die das im Umweltbereich tun. Und da lässt sich sagen, es ist ein sehr tradiertes menschenrechtliches Thema. Menschenrechtsorganisationen arbeiten seit Jahrzehnten zu genau diesen Menschen und versuchen diese Menschen und den Rahmen, in dem sie aktiv sind, zu schützen. Und das ist notwendig, denn der Einsatz für Menschenrechte ist weltweit und steht weltweit unter Druck. Wir nennen das auch Shrinking Spaces. Das bedeutet im Prinzip, dass die Räume, in denen Aktivismus betrieben wird, diese Räume oder betrieben werden kann, diese Räume werden immer, immer kleiner. Und ich habe Ihnen eine kleine Zahl mitgebracht. Allein im Jahr 2019 sind tragischerweise 304 MenschenrechtsverteidigerInnen weltweit ermordet worden. Und 40 Prozent davon waren im Klima- und Umweltbereich tätig. Ein dritter Ansatzpunkt ist das Thema Just Transition. Denn ich hatte ja vorhin schon dargestellt, es gibt das menschenrechtliche Gebot, die Wirtschaft, die Art und Weise, wie wir leben, zu transformieren. Und bei solchen großen Transformationsprozessen, da besteht natürlich immer auch die Gefahr, dass Menschenrechte unter den Teppich gekehrt werden. Und wir sehen, dass es grüne Lösungen auf der ganzen Welt gibt, grüne Technologien, die vorangetrieben werden. Aber auch da haben wir hier und da menschenrechtliche Konsequenzen, negative menschenrechtliche Konsequenzen. Denken wir zum Beispiel an die Energiewende in Europa, die Lithium benötigt und die Tatsache, dass Lithium in Europa kaum abgebaut wird. Da gibt es das sogenannte Lithium-Dreieck in Südamerika zwischen Chile, Bolivien und Argentinien, wo viele indigene Gemeinschaften leben und häufig in die Mining-Aktivitäten, in die Bergbauaktivitäten von den Lithium-Unternehmen, von den abbauenden Unternehmen nicht ausreichend mit eingebunden werden und Entscheidungen ertragen müssen, die über ihren Kopf gefällt werden. Also wenn es darum geht, die Wirtschaftssysteme zu transformieren, dann können Menschenrechte eine Art Wegweiser sein, die uns sagen, was geht und was nicht geht. Ich möchte ein kleines Fazit ziehen. Und zwar ist es so, dass wir sagen können, dass das Greening of Human Rights, also das in Kontext stellen der Menschenrechte oder das Verbinden der Menschenrechte mit den ökologischen Krisen, das ist in vollem Gange. Das ist eine Entwicklung, die hat angefangen vor einigen Jahren, hat richtig Fahrt aufgenommen. Guten Tag. Und, soll ich aufwenden? Herzlich willkommen. Die hat Fahrt aufgenommen in den letzten Jahren und es ist in vollem Gange. Und es ist aber auch wichtig, dass wir weiter darüber nachdenken und, schönen Abend. Es ist aber auch wichtig, dass wir weiter darüber nachdenken, denn es gibt sehr, sehr viele ungeklärte Fragen. Wir haben es auch mit einer neuen Art von Menschenrechtskrise zu tun. Es ist zum Beispiel wahrscheinlich zum ersten Mal der Fall, dass die Menschen, deren Menschenrechte bedroht sind, zum großen Teil noch gar nicht geboren sind. Was ist mit zukünftigen Generationen? Wir haben eine, was die Klimakrise angeht, eine Entkopplung von, eine geografische Entkopplung von Ursache und Wirkung. Das bedeutet, die Emissionen werden auf der einen Seite der Welt ausgestoßen und die Konsequenzen sind dann viele Jahre später auf der anderen Seite der Welt spürbar. Also all das sind sehr, sehr wichtige Fragen, mit denen wir uns beschäftigen, auch wissenschaftlich. Und ich freue mich, wenn Sie Rückfragen haben. Vielen Dank. Für alle, die neu zugestiegen sind, unsere Referenten sprechen immer etwa zehn Minuten und anschließend ist Zeit für Ihre Fragen. Gibt es denn schon eine erste? Ich komme gerne zu Ihnen und gebe Ihnen das Mikrofon. Sie haben gerade am Schluss angesprochen, dass es ganz viele Probleme gibt für die aller, allernächsten Generationen in Sachen Umweltschutz und Ökologie. Ich denke jetzt aber an die letzte Generation, die mit ihrem gewaltfreien zivilen Ungehorsam genau auf diese Problematik hinweisen möchte. Wie steht es denn da mit den Menschenrechten? In der Öffentlichkeit wird diese Gruppe teils heftigst schlimm verbal und auch konkret attackiert. Ich finde es sehr bedauerlich, weil genau sie trifft den Nerv der Zeit. Danke schön. Vielen Dank für die Frage und für den Kommentar. Also dann muss ich sagen, die letzte Generation, das ist ja eine Gruppierung, die man kontrovers diskutieren kann, die auch kontrovers diskutiert wird, häufig absolut unter der Gürtellinie. Und aus menschenrechtlicher Perspektive haben wir da einen ganz, ganz großen Vorteil, denn wir haben eben die klar definierten Standards, die wir anwenden können auf solche Situationen, ein Stück weit auch apolitisch. Also wenn beispielsweise, also es geht ja generell um zivilen Ungehorsam, wenn Gesetze gebrochen werden, dann passiert das ja im Falle der letzten Generation sehr kalkuliert und man überlegt sich vorher ganz genau, welche Konsequenzen zu befürchten sind. Das bedeutet, dass das Konzept der letzten Generation, das funktioniert nur, wenn es im Hintergrund einen Rechtsstaat gibt, der menschenrechtliche Standards hochhält und der Leute, weil sie sich auf die Straße kleben, nicht für drei Jahre ins Gefängnis steckt, sondern der den Menschen eine faire rechtsstaatliche Behandlung garantiert. Und da gab es ja in Deutschland, gibt es ja unterschiedliche Polizeiaufgabengesetze beispielsweise und die muss man auch unterschiedlich bewerten und gerade in Bayern, da kann Markus vielleicht auch mehr zu sagen, wenn er möchte, würde ich sagen, sind aus menschenrechtlicher Sicht auch fragwürdige Praktiken in diesem Gesetz enthalten. Aber ich würde sagen, die Menschenrechtsperspektive, was zivilen Ungehorsam generell und die letzte Generation spezifisch angeht, ist eben eine, die ein Stück weit eine sichere ist, weil es eben keine, es ist keine politische Bewertung. Es geht nicht darum, aus menschenrechtlicher Perspektive zu sagen, wir finden die letzte Generation einfach so gut oder wir finden sie einfach furchtbar, sondern es geht darum, diese Menschen entscheiden sich, Aktivismus zu betreiben auf die Art und Weise, wie sie das eben tun und sie brauchen bestimmte menschenrechtliche Garantien, um das zu tun und die müssen wir sicherstellen. Ich habe keine Frage in der Sache, aber ich hätte gerne eine Anmerkung gemacht, um Ihnen mal darzustellen, was der Klimawandel in der Arktis bedeutet. Mein Name ist Dietmar Haß, ich bin von der Gesellschaft mit Rote Völker und engagiere mich für die Indigenen der Arktis. Ein Beispiel, die Samen, kennt wahrscheinlich keiner, aber unter dem Begriff Lappen sind sie bekannt, ist ein Schimpfwort allerdings. Die Samen in Norwegen, Schweden, Finnland und Russland, leben sie auch noch, haben das Problem, dass die Temperaturen nicht mehr so sind, wie sie sein sollten. Tagsüber hat es Plusgrade, nachts wird es kalt, dann hat es tagsüber geregnet, dann friert der Regen auf dem kalten Boden und die Rentiere zum Beispiel kommen nicht an die Bodenfläche ran, wenn der Schnee locker liegt drei Meter, dann schargen sie sich durch und kommen ran, aber wenn das eine Eisdecke ist, dann ist das wie für unsere Kinder vor McDonalds in der Fensterscheibe, da muss zugefüttert werden, das kostet Geld. Zum zweiten, die Ressourcenabbau. Auf den letzten Wander wegen der Rentiere in Kiruna wohnen seltene Erden entdeckt, das habt ihr wahrscheinlich gelesen, 8 Millionen Tonnen können die Rentiere nicht mehr wandern. Das hat zu tun mit dem kritischen Rohstoffgesetz, was die EU erlassen hat, wo aber die Rechte der Indigenen überhaupt nicht drin vorkommen, weder die FPIC noch die UNO-Erklärung für Indigenevölker, das einzige, was kommt, ist die ILO 169, aber die ist auch nicht so erdrückend, dass es die Leute befreit. Vielen Dank. Können die Samen das einklagen? Ich würde jetzt ungern hier als Rechtsbeistand fungieren. Ich weiß auch nicht, ob es da schon entsprechende Verfahren gibt, könnte ich mir gut vorstellen. Aber was ich sagen würde, vielen Dank für diesen Kommentar, weil der Fall der Samen natürlich sehr deutlich macht, was ich vorhin auch schon angeschnitten hatte, dass marginalisierte Gruppen, die im Kontext der Klimakrise wenig bis, im Fall der Samen muss man wahrscheinlich sagen, eigentlich gar nichts zu den Emissionen beigetragen haben oder auch zu den Umweltegradierungen eben häufig wirklich an den Forefront sind. Also in der ersten Reihe stehen, wenn es darum geht, mit den Konsequenzen der Klimakrise und der Umweltkrise umzugehen. Indigene Gemeinschaften generell, also die Samen sind ja ein sehr interessantes Beispiel, weil es auch noch in Europa stattfindet. Also man vergisst ja manchmal, dass es auch in Europa diese indigene Gruppe gibt. Aber indigene Gemeinschaften, da kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu. Und zwar ist es da nicht nur so, dass sie in einer besonderen Art und Weise vulnerabel sind, sondern es geht auch darum, dass sie vulnerabel sind, weil sie eben mehr als andere Gemeinschaften, mehr als andere Gesellschaften in einem viel, viel engeren Verhältnis und auch in einer höheren Abhängigkeit zur Natur und zu ihrer Umwelt leben. Und deswegen spielen indigene Gruppen gerade, was diesen Klima- oder Umwelt- und Menschenrechts-Nexus angeht, eine ganz, ganz bedeutende Rolle. Vielen Dank, Jakob, für den sehr interessanten Vortrag. Ich habe eine ziemlich schwierige Frage, vielleicht. Das habe ich mir befürchtet. Wir sind gleich an der Haltestelle. Okay, ich muss kurz. Wir schmeißen niemanden raus. Okay, dann die Frage. Also Umwelt und Menschenrechte, das kann ja zuteils auch in einen Zielkonflikt geraten. Also wir haben jetzt zum Beispiel bei den nachhaltigen Entwicklungszielen einen Teil der Welt gehabt, der war sich industrialisiert auf Kosten des Planeten und einen Teil, der sich vielleicht noch industrialisieren möchte. Jetzt ist dieser zweite Teil ja noch, der bräuchte ja theoretisch, um den gleichen Weg zu gehen, noch etwas von diesem CO2-Ausstoß. Und du sagst jetzt aber, es ist in Einklang zu bringen zwischen den Menschenrechten und der Umwelt. Das heißt, wie schaffen wir es denn, diese Zielkonflikte unter einen Hut zu bekommen, dass wir quasi fair und nachhaltig und trotzdem noch diesen Entwicklungsaspekt dabei haben? Also vielen Dank für die Frage. Ich glaube, weil du gesagt hast, wie schaffen wir das fair? Ich glaube, der Zug ist abgefahren. Also die Fairness, die ist an dem Punkt vorbei gewesen, in dem der globale Norden zweihundert Jahre lang fossile Energien übernutzt hat, um seinen Wohlstand aufzubauen. Aber natürlich geht es trotzdem darum, diesen Zielkonflikt so fair wie möglich abzumoderieren. Und da gibt es unterschiedliche Konzepte, wo auch menschenrechtliche Überlegungen durchaus eine Rolle spielen. Zum Beispiel ist es ja so, dass es dieses Konzept der CO2-Budgets gibt. Das bedeutet, wo auch unter Einbeziehung der Frage, wie viel CO2 bereits historisch von Volkswirtschaften ausgestoßen wurde, ermittelt wird, wie viel Restbudget sozusagen verbleibt. Und das ist auch zum Beispiel ein Konzept, das auch das Bundesverfassungsgericht bei dem Klimabeschluss von 2021 mit einbezogen hat. Also ich glaube, völlig klar ist, dass nicht die gesamte, also aus einer Klimaperspektive, nicht die gesamte Welt die gleiche Entwicklung durchmachen kann wie der globale Norden in den vergangenen zweihundert Jahren. Aber es gibt auch die Idee der Treibhausgas-Inanspruchnahme, die man irgendwie mit einbauen muss in diese Überlegungen. Ja, ich sag zunächst auch mal meinen Namen kurz noch. Elke Winter, ich bin aktiv im Friedensmuseum Nürnberg. Das ist so ein bisschen mein Background, warum ich auch so, vielleicht so manche komische Fragen stelle. Meine jetzige Frage ist, wir haben aktuell im Friedensmuseum eine Ausstellung zum Thema Hunger. Und als eine der Ursachen von Hunger ist natürlich die ökologische Krise. Und wen trifft es am meisten? Das ist der globale Süden. Viele Menschen fliehen, weil sie sich nicht mehr selbst ernähren können. Es gibt gigantische Dürren. Wenn ich an Somalia denke, an Mali zum Beispiel, es ist nichts mehr zum Ernähren da. Die Menschen fliehen und versuchen ihr Glück, in Anführungszeichen ihr Heil, auch bei uns. Aber sie werden nicht anerkannt als Flüchtlinge, die zum Beispiel den Anspruch auf Asyl hätten. Was ist denn da mit den Menschenrechten, die letztendlich durch diese ökologischen Katastrophen, die wir mit verursacht haben? Ja, vielen Dank. Also erst mal muss ich sagen, Sie stellen keine komischen Fragen. Das waren beides gar nicht komische Fragen. Vielen Dank dafür. Also was das Themenfeld, ich sage mal im weiteren Sinne umweltbedingte, klimabedingte Migration angeht, ist es so, dass aus einer akademischen Perspektive ist das ein sehr, sehr kontroverses Thema. Nicht, weil generell angezweifelt wird, dass Umweltveränderungen und Klimaveränderungen dazu führen, dass Menschen ihren Wohnort verlassen, sondern eher weil darüber gestritten und debattiert wird, wie genau das geschieht. Weil es ist so, dass Migration in der Regel, in aller Regel, und dann ist es egal, ob es aus Konflikten resultiert oder aus Umweltveränderungen, Klimaveränderungen, Migrationsentscheidungen sind in der Regel multifaktorielle Entscheidungen. Das bedeutet, es fließen einige Umstände mit rein. Und dann ist es beim Klima ja so, dass das Klima häufig andere Faktoren, zum Beispiel wirtschaftliche Faktoren, politische Faktoren wieder beeinflusst. Das bedeutet, wenn man dafür jetzt eine allgemeingültige Regelung finden wollte, und ich bin der Meinung, dass es passieren muss, dann ist es eine schwierige Definitionsfrage zu sagen, wer ist jetzt ein Klimaflüchtling, wer ist ein Klimamigrant, wer ist ein klimabedingter Migrant oder wer flüchtet unter anderem aufgrund von Klimaveränderungen und so weiter. Wir haben es wirklich mit schwierigen Definitionsfragen zu tun. Es ist aber, und es ist so, dass wir vieles noch nicht genau verstehen, es ist aber auch so, dass wir vieles sehr genau verstehen und dass wir durchaus auch an politischen Lösungen arbeiten könnten. Und es gibt ganz unterschiedliche politische Initiativen. Ich würde sagen, im Moment sind die meisten davon, haben wenig politisches Potenzial, aber es gab zum Beispiel mal, es war auch ein Impuls aus der Wissenschaft auf deutscher Ebene von Maya Göpel, die für den Beirat der Bundesregierung, Sachverständigenrat der Bundesregierung für globale Umweltfragen damals gearbeitet hatte, hatte ein Konzept vorgestellt, wo sie gesagt hat, dass wir brauchen so was wie einen Klimapass. Das bedeutet Menschen, wo das klar nachweisbar ist, da muss man eine Art von Schutz garantieren, der auch eine Art von Asylrechtlichen Komponente hat. Ich würde sagen, im Moment, einen Satz noch, eine große Herausforderung bei klimabedingter Migration und alles, was da so mit reinfällt, bei aller Unklarheit über die Definitionsfrage ist, dass das Problem in der Quantität, das ist nicht in Europa, sondern das ist lokal. Die meisten Menschen migrieren nicht mal über die eigene Landesgrenze hinweg und dann hat man wieder, dann hat man Binden vertrieben, so nennt man das, dann hat man wieder andere rechtliche Rahmenbedingungen. Also es ist komplex. Vielen Dank. Ich darf unsere nächste Referentin begrüßen, Ronja Hess. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für öffentliches Recht und Völkerrecht in Erlangen. Sie beschäftigt sich mit einem ganz aktuellen Thema. Am 1. November tritt in Deutschland das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft. Trotzdem ist ihrer Meinung nach noch viel zu tun. Frau Hess, wir sind gespannt. Herzlichen Dank. Danke für die freundliche Begrüßung. Ich muss vielleicht dazu sagen, ich bin jetzt aktuell nicht mehr wissenschaftliche Mitarbeiterin. Nächste Station, ich bin jetzt schon am Gericht, also das Recht noch mal aus einer etwas praktischeren Perspektive passt vielleicht auch ganz gut, weil wir jetzt auch ganz praktisch aufs deutsche Recht schauen wollen. Ich freue mich sehr, dass wir heute unter diesem großen Stichwort der Menschenrechte, Sie wollen noch mal? Besser so? Ja, okay, danke schön. Ich freue mich sehr, dass wir heute unter diesem großen Stichwort der Menschenrechte auch über das Selbstbestimmungsgesetz sprechen werden. Es ist ja, Sie haben es gerade gehört, ein ganz frisches Gesetz wird jetzt in wenigen Tagen erst in Kraft treten, aber trotzdem, und das haben vielleicht auch einige von Ihnen mitbekommen, wird auch sehr kontrovers seit jetzt schon über einem Jahr über dieses Gesetz gestritten. Ich bin davon überzeugt, dass wir auf dieses Gesetz aus einer menschenrechtlichen Brille zwingend schauen müssen, um zu verstehen, worum es hier überhaupt geht und überhaupt da ein adäquates Verständnis entwickeln zu können. Insofern möchte ich jetzt erstmal so ein paar einordnende Bemerkungen machen, um so ein bisschen darzulegen, worum es hier eigentlich geht und dann erst im nächsten Schritt darauf zu sprechen kommen, ja, was denn konkret in dem Gesetz dann geregelt ist. Ausgangspunkt für dieses Gesetz ist zunächst der sogenannte personenstandsrechtliche Geschlechtseintrag. Es ist in Deutschland so, dass die Geburt eines jeden Kindes in das Personenstandsregister eingetragen wird und da werden dann verschiedene persönliche Daten erfasst, so was wie der Vorname, auch der Name der Eltern, Geburtsdatum und auch das Geschlecht. Jetzt ist das deutsche Recht sehr lange davon ausgegangen, dass es eigentlich so offensichtlich ist, welche Geschlechter es gibt, dass man es überhaupt nicht regeln braucht und dass es natürlich nur die Option weiblich und männlich gibt. Man ist außerdem davon ausgegangen, dass die Zuordnung zu diesen beiden Kategorien so unhinterfragt ist, dass man das immer ganz eindeutig zuordnen kann, weil das bereits aufgrund von körperlichen Aspekten bei Geburt ganz klar sichtbar ist. Und der letzte Punkt ist, dass sich dieses Geschlecht auch im Laufe des Lebens nicht mehr verändert. Also davon ist das Recht sehr lange ausgegangen. Das Problem damit ist, dass das vielleicht auch die Lebensrealität von durchaus vielen Menschen widerspiegelt, aber eben nicht von allen Menschen. Ganz konkret bleibt in diesem doch sehr engen Verständnis vom Geschlecht, bleiben zwei Gruppen im Besonderen unsichtbar, nämlich einerseits intergeschlechtliche Menschen und andererseits transgeschlechtliche Menschen. Bei intergeschlechtlichen Menschen geht es um eine Personengruppe, wo schon aufgrund einer bestimmten körperlichen Konstitution dieses eng verstandene und körperlich verstandene Mann-Frau Schema einfach nicht passt. Und die Konsequenz davon ist, dass diese Personengruppe sehr lange sowohl im Recht als auch gesamtgesellschaftlich unsichtbar geblieben ist und dass auf der anderen Seite, dass auch Personen sind, die teilweise auf sehr gewaltvolle Art und Weise es erfahren haben, in diese engen Kategorien reingedrückt zu werden. Also das ist der eine Aspekt, warum dieses enge Verständnis ein menschenrechtliches Problem darstellt. Die andere Gruppe transgeschlechtliche Personen, da mag das auf dem ersten Blick zunächst aussehen, als ob diese Zuordnung bei Geburt keine weiteren Probleme darstellt, aber es sind Personen, bei denen sich eben im Laufe ihres Lebens herausstellt, dass ihre Identität nicht passt zu diesem bei Geburt zu georteten Geschlecht. Also das sind Personen, die für sich selbst ganz klar sagen können, ich bin männlich, ich bin weiblich oder vielleicht ich bin auch gar nichts von beiden, ich bin zum Beispiel nicht binär, wo aber natürlich dieses Problem sich stellt, dass in diesem offiziellen Register Eintrag was anderes steht und wo dann zum Beispiel es auch schwierig ist, diese Identität auch tatsächlich selbst und frei und gleich leben zu können. Und deswegen ist es für diese Personengruppe von ganz zentraler Bedeutung, dass sie diesen Geschlechtseintrag, der in der Stadt ja bei Geburt, ohne dass sie gefragt werden, einfach so zuordnet, dass sie den ändern können, um eben auch zum Beispiel Ausweisdokumente zu haben, zum Beispiel einen Reisepass, in dem dieses Geschlecht richtig zugeordnet ist, das ihrer Identität entspricht. Der andere Punkt ist natürlich, dass häufig auch Personen dann gerne ihren Vornamen ändern wollen, den sie bei Geburt bekommen haben. Also sie können sich vielleicht vorstellen, dass ich als weibliche Person auch gerne einen Namen habe, der von anderen als weiblich gelesen wird. Also das sind sozusagen zwei ganz zentrale Anliegen. Jetzt ist es so, dass wir in Deutschland seit 1981 ein Gesetz haben, das sogenannte transsexuellen Gesetz. Und dieses Gesetz erlaubt es eben in bestimmten Situationen von männlich zu weiblich, das Geschlecht ändern zu lassen oder von weiblich zu männlich und auch den Vornamen ändern zu lassen. Das große Problem mit diesem Gesetz ist, dass es in ganz weiten Teilen verfassungswidrig ist. Weil, und das hat das Bundesverfassungsgericht mit einer erstaunlichen Regelmäßigkeit gesagt, also sie müssen sich vorstellen, seit den 80er Jahren hat das Bundesverfassungsgericht immer wieder gesagt, dieser Teil des Gesetzes verstößt gegen die Grundrechte von transgeschlechtlichen Menschen, dieser Teil auch, dieser Teil auch und dieser übrigens auch. Um mal so ein bisschen das plastisch zu machen. Es ist so, dass sich viele Menschen sterilisieren mussten, um in ihrer Identität anerkannt zu werden, weil in dem Gesetz drin steht, dass die Personen dauerhaft fortpflanzungsunfähig sind. Ich glaube, sie können sich sehr genau vorstellen, dass das natürlich massive Menschenrechtsverletzungen sind, hat auch das Bundesverfassungsgericht 2011 so festgestellt. Es geht hier natürlich nicht nur um die Selbstbestimmung, es geht auch um die körperliche Integrität, es geht auch um die Möglichkeit, eine Familie zu gründen und das sind alles Rechte, die hier massiv eingeschränkt wurden. Ein weiterer Punkt ist, dass sich Menschen scheiden lassen mussten, weil das Gesetz vorgesehen hat, dass man unverheiratet sein muss. Das heißt, hier wurden auch viele glückliche Ehen geschieden, weil das Gesetz es nicht erlaubt hat, in der eigenen Identität selbstbestimmt zu leben und gleichzeitig verheiratet zu sein mit den Menschen, mit denen man ja schon verheiratet ist. Also hier sieht man ganz klar, dass es da massive Probleme gab. Es ist jetzt von diesem Gesetz nicht mehr so viel übrig geblieben, weil das Bundesverfassungsgericht fast alles rausgestrichen hat, muss man sagen. Was allerdings bis zum Schluss so geblieben ist, dass die Personen ein sehr langes und teilweise auch sehr teures Gerichtsverfahren durchlaufen mussten, also auch diese Verfahrensebene ist da durchaus kompliziert und sie mussten in die Zuge dessen zwei sachverständigen Gutachten vorlegen, meistens psychiatrische oder psychologische sachverständigen Gutachten und da musste ihnen attestiert werden, dass sie dauerhaft unter einem Zwang leben, in dem anderen Geschlecht zu leben, entsprechend ihrer Vorstellungen. Und sie hören vielleicht schon raus an dem Wort Zwang, was dafür ein Bild von Transgeschlechtlichkeit gezeichnet wird, nämlich eines, das davon ausgeht, dass Transgeschlechtlichkeit eine Krankheit ist, etwas, dem wir vielleicht so ein bisschen abhelfen können, indem wir in gewissen Fällen dann eben diesen Wechsel erlauben, aber auch natürlich was, wo man sagt, aus einer menschenrechtlichen Sicht geht es hier nicht darum, freie und gleiche Individuen anzuerkennen, sondern es hat immer so eine pathologische Perspektive. Und das Gesetz ist auch, muss man sagen, aus rechtlicher Sicht überholt, denn ich habe es ja vorhin gesagt, es erlaubt ja nur diesen Wechsel männlich-weiblich, weiblich-männlich, aber nichts darüber hinaus. Und Sie haben es vielleicht auch alle schon mitbekommen, in Deutschland gibt es seit einigen Jahren mehr als zwei Geschlechtseinträge. Auch hier hat das Bundesverfassungsgericht intervenieren müssen. Das Bundesverfassungsgericht hat 2017 gesagt, es gibt mehr als männlich und weiblich und das muss der Gesetzgeber das Gesetz anerkennen unter den aktuell gegebenen Umständen. Das heißt, damals wurde dieser neue Geschlechtseintrag divers geschaffen und es gibt auch die Möglichkeit, den Geschlechtseintrag komplett zu streichen, also offen zu lassen. Auch das ist in dem transsexuellen Gesetz so nicht vorgesehen, deswegen sieht man schon ganz gut, es gibt hier eben erheblichen Reformbedarf. Das Selbstbestimmungsgesetz setzt jetzt genau hier an mit dem Ziel, dass man endlich eine Rechtslage schafft, die nicht nur Rechtssicherheit gewährleistet, sondern eben auch mit den Menschenrechten konform ist. Und letztlich macht es das Selbstbestimmungsgesetz, indem es zwei zentrale Säulen errichtet. Die erste ist, dass Inter- und Transgeschlechtlichkeit eben keine Krankheiten sind, sondern Teil von menschlicher Vielfalt. Und der zweite Punkt ist, dass man inzwischen zu der Erkenntnis gekommen ist, dass die Geschlechtsidentität eines Menschen von außen eigentlich überhaupt nicht feststellbar ist. Woran soll ich das von außen festmachen? Und deswegen ist die Idee von dem Selbstbestimmungsgesetz, dass wir uns letztlich auf das verlassen müssen, was die Personen selber über ihre eigene Geschlechtlichkeit zum Ausdruck bringen, dass wir das auch ernst nehmen müssen und ernst nehmen dürfen. Auch das ist ja so eine Idee von Selbstbestimmung, die sich aus den Menschenrechten letztlich herleitet. Konkret sieht es jetzt so aus, dass zukünftig das Verfahren vor den Standesämtern, also nicht mehr vor den Gerichten stattfindet, das macht auch Sinn. Die Standesämter führen dieses Personenstandsregister und zukünftig, ab 1. November, können Personen zum Standesamt gehen und sagen, dieser Geschlechtseintrag, der passt nicht zu meiner Geschlechtsidentität, ich möchte das geändert haben. Sie müssen das drei Monate im Voraus beim Standesamt anmelden und wenn Sie dann diese Änderung erklären, können Sie aber auch zwischen allen vier existierenden Geschlechtseinträgen wählen. Es ist dann so, dass Sie in Zuge dessen auch einen neuen Vornamen bestimmen, der zu dieser Geschlechtsidentität passen soll und Sie sind dann im Prinzip ein Jahr lang daran gebunden, soll heißen, es wäre theoretisch möglich, nach einem Jahr das noch mal zu ändern. Jetzt muss man dazu sagen, in der Praxis passiert das ganz selten, aber Sie können sich vorstellen, es gibt natürlich trotzdem Situationen, wo man Dinge vielleicht auch wieder ändern möchte im Laufe seines Lebens. Auch das ist eine Idee, die auch gut zu unserem Grundgesetz passt, weil unser Grundgesetz auch sagt, die Persönlichkeit, die Identität eines Menschen, die ist nicht statisch, sondern die bewegt sich, die ist im Fluss und auch das erlaubt dieses Gesetz hier. Wie gesagt, es wird wahrscheinlich nicht wahnsinnig häufig davon Gebrauch gemacht, aber das ist aus menschenrechtlicher Sicht eine sinnvolle Konstruktion. Also soweit vielleicht ganz grob, was in diesem Gesetz geregelt ist. Noch einen Punkt möchte ich machen, bevor wir zur Diskussion kommen. Und zwar ist es natürlich für uns Menschen, die zum Menschenrechten forschen, so, das ist auch ein Teil von der Forschung, Teil auch von meiner Forschung, dass man sich so ein Gesetz auch noch mal genau anschaut und natürlich auch Gesetze, die einen Fortschritt bringen, die Verbesserungen bringen, sind vielleicht in manchen Details auch noch mal verbesserungswürdig. Noch mal gibt es da natürlich manchmal Grenzziehungen, wo man sagt, na ja, hier werden jetzt vielleicht doch wieder Rechte beschränkt. Warum ist das überhaupt so? Und ist es eigentlich angemessen, dass man das macht? Und dazu vielleicht ein Beispiel. Ich hab's schon gesagt, es ist so, dass man diese Änderung drei Monate im Voraus beim Standesamt anmelden muss. Jetzt können Sie sich mal überlegen, vielleicht sind einige von Ihnen auch verheiratet. Vielleicht haben Sie diesen Prozess ja auch dadurch laufen. Klar, es ist auch ein bisschen Bürokratie, die das mitbringt, aber Sie können sich ja mal vorstellen, Sie gehen zum Standesamt, sagen, Sie möchten gerne heiraten und dann bekommen Sie die Antwort, ja, das ist schön, das freut uns, aber jetzt gehen Sie bitte noch mal nach Hause und überlegen sich auch wirklich gut, ob Sie das wirklich wollen. Und wenn Sie das ernst meinen, dann dürfen Sie nach drei Monaten noch mal wiederkommen und dann ist das ja alles voll. Also nur so ein bisschen, ich weiß vielleicht auch plakativ, damit man sich vorstellen kann, was das auch mit einem vielleicht macht und wie hier auch natürlich eine Reibungsfläche entsteht zu dieser Idee von Selbstbestimmung, wenn man gegenüber ja auch volljährigen Personen sagt, ja, überleg dir das doch noch mal. Also das sind so Mechanismen, das wirkt vielleicht klein, dass es hier um drei Monate geht, aber es macht auf jeden Fall was mit den Personen, das hat ein menschenrechtlicher Relevanz, hier wird natürlich auch die Anerkennung verzögert, ohne dass das vielleicht so plausibel ist. Noch ein anderer Punkt, der jetzt, ja, und das merkt man schon so ein bisschen im Vorfeld, der wird sicherlich ein Knackpunkt auch werden in der Art und Weise, wie mit diesem Gesetz umgegangen wird, nämlich diese Geschichte mit den Vornamen. Ich habe es vorhin schon gesagt, man muss, wenn man diesen Geschlechtsantrag ändert, auch gleichzeitig einen neuen Vornamen bestimmen und hier ist es bisher so gewesen, dass unter dem transsexuellen Gesetz man auch nur den Vornamen oder nur den Geschlechtsantrag ändern können. Das ist jetzt nicht mehr möglich und ist natürlich so ein bisschen die Frage, warum ist das nicht mehr möglich, gibt es vielleicht auch Situationen, wo ich mit meinem Namen fein bin, aber nur den Geschlechtsantrag ändern möchte und es steht eben in dem Gesetz auch drin, dass dieser Vornamen dem Geschlechtsantrag entsprechen muss und da ist natürlich die Frage, ja wer bestimmt denn darüber, welcher Name männlich ist, welcher weiblich ist oder welcher zu dem Geschlechtsantrag divers passt und das sind natürlich so Punkte, wo mit ziemlicher Sicherheit die nächsten Monate, die nächsten Jahre auch noch viel drüber gestritten wird und wo natürlich auch, ja, sich dieses Gesetz an diesem großen Wort der Selbstbestimmung, das es sich ja selber verliehen hat, auch wird messen müssen. Vielleicht soweit, wir können gerne auch noch ein paar weitere Aspekte des Gesetzes diskutieren, ich hätte noch ein paar weitere Punkte, aber vielleicht haben Sie ja auch ein paar Punkte. Erschreckt Sie die teils heftige Kritik an diesem Thema? Ja, also ich weiß nicht, wie sehr das auch alle mitbekommen haben, es wurde wie gesagt sehr kontrovers darüber gesprochen und es gibt glaube ich viele Punkte, an denen man ansetzen kann. Der eine Punkt ist und das steckt ja auch in dieser drei Monatsgeschichte, die ich gerade genannt habe, da ist unglaubliches Misstrauen, was da immer wieder so durchkommt. Also so die Angst, dass hier dieses Gesetz missbraucht wird, steht zum Teil so stark im Vordergrund, dass teilweise komplett vergessen wird, dass ja das eigentliche Ziel war, Selbstbestimmung zu fördern und eine Gruppe, die bisher massive Menschenrechtsverletzungen erfahren hat, die die Rechtslage zu verbessern. Also das ist was, was glaube ich stark in den Hintergrund getreten ist und was mich auch erschreckt sind so Positionen, die behaupten, so ein Selbstbestimmungsgesetz ist in Zeiten von Krieg, in Zeiten von Wirtschaftskrise letztlich ein Luxusproblem oder auch vielleicht auch größer, gerade auch bei anderen gleichstellungspolitischen Themen, nämlich das stark war, dass da gesprochen wird über, ja das sind doch Luxusprobleme, es gibt doch existenziellere Fragen und ich möchte dem noch mal ganz entschieden entgegentreten, denn wir sehen in den letzten Jahren, dass Gewalttaten gegen queere Menschen massiv zunehmen. 2020 wurde ein transgeschlechtlicher Mann auf einer Pride Parade angegriffen und ist daraufhin verstorben. Die Suizidrate unter transgeschlechtlichen Jugendlichen ist auch extrem hoch und da möchte ich jetzt noch mal den Punkt machen, dass entschieden gegen Stigmatisierung, gegen Ausgrenzung vorzugehen eben eine Frage von Leben und Tod für manche Menschen ist und deswegen ist es sicherlich kein Luxusproblem, sondern eins, das ganz im Kern der Menschenrechte liegt. Sie haben auch in Nürnberg und in Erlangen die Situation untersucht. Was kam denn dabei raus? Ja, also Nürnberg ist ein ganz spannender Ort, weil Nürnberg sich schon vor einigen Jahren ein bisschen dezidierter damit auseinandergesetzt hat, was bedeutet eigentlich auch sexuelle und geschlechtliche Vielfalt fürs kommunale Zusammenleben und Nürnberg hat ja sogar einen Aktionsplan für queeres Leben vor einigen Jahren ins Leben gerufen. Also da ist ein großes Bewusstsein da, dass eben es nicht nur reicht, so Gesetze ganz oben sozusagen zu haben, sondern dass wir das auch übersetzen müssen, dass wir beispielsweise Fortbildungen anbieten müssen für Lehrkräfte, dass wir Begegnungsstädte schaffen müssen. Auch das Thema Geflüchtete aufgrund von sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität ist eins, das in Nürnberg bearbeitet wird und es hängt natürlich auch ganz stark an sozial- zivilgesellschaftlichen Organisationen. Fliederlich ist da eine davon, die sehr aktiv in der Region ist. In Erlangen wurde jetzt auch vor kurzem ein queeres Zentrum gegründet und ich erlebe das als ganz wichtige Gegenpole auch zu dem sich manchmal, ja oder zunehmend verschärfenden politischen Klima. Also auf jeden Fall Nürnberg und Erlangen ganz wichtige Orte und vielleicht noch, wir haben über die Straße der Menschenrechte gesprochen, da möchte ich vielleicht auch noch einen kleinen lokalen Tipp hinzufügen, auch wenn sie bis zum Ende gegangen sind, werden sie vielleicht auch sehen, dass es dort auch einen Mahnmal für die ermordeten Homosexuellen oder vielleicht auch im weitesten Sinne queere Menschen während der NS-Zeit gibt. Also auch da muss man ganz klar sagen, auch aus einer historischen Verantwortung heraus, gerade in Nürnberg, ist das ein ganz wichtiges Thema und kein Nischenthema. Vielen Dank, vielleicht noch eine ganz kurze Frage. Vielen Dank für den interessanten Vortrag. Wie siehst du mit dem Thema der Wiedergutmachung aus, für Trans- und Intermenschen, die unter das alte transsexuellen Gesetz gefallen sind? Ja, vielen Dank. Also Wiedergutmachung ist ein zentrales Thema. Ich habe es vorhin schon gesagt, es gibt Menschen, die wurden sterilisiert, um ihre Menschenrechte ausüben zu können unter dem transsexuellen Gesetz und für intergeschlechtliche Menschen ist es so, dass aufgrund von medizinischen Leitlinien seit den 1950er Jahren es üblich war, dass am Neugeborenen teilweise sehr gravierende medizinische Eingriffe durchgeführt wurden, die aber keinen medizinischen Zweck hatten, sondern die kosmetischer Natur waren. Um eben zu sagen, das ist uns zu eindeutig, wir wollen Eindeutigkeit und das sind auch Konsequenzen, Sie können sich vorstellen, gerade das sind Operationen, wo vielleicht auch Organe, funktionierende Organe entnommen wurden und wo auch Menschen aufgrund dessen beispielsweise ihr Leben lang auf eine Hormonersatztherapie angewiesen sind, ganz massive körperliche Konsequenzen erleben und vielleicht auch eine Arbeitsunfähigkeit. Also es gibt insofern sehr viel Anlass für Wiedergutmachung, das hatte eigentlich auch die Bundesregierung zum Antritt ihrer Legislaturperiode so gesehen, also war auch im Koalitionsvertrag mit drin, dass da was kommen soll. Sie wissen vielleicht, dass die Entschädigung für Homosexuelle, die auch eine Kriminalisierung erfahren haben, auch erst vor einigen Jahren durchgesetzt wurde. Es ist leider so, dass mit dem Selbstbestimmungsgesetz kein dieses Versprechen, dass es eine Wiedergutmachung geben soll, nicht eingelöst wurde und wir sehen ganz stark für das Selbstbestimmungsgesetz wurde unglaublich gekämpft, damit es wirklich kommt. Es hat wahnsinnig lange gedauert, da sind auch noch einige Punkte offen in dem Koalitionsvertrag. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin nicht so wahnsinnig optimistisch, dass das die Bundesregierung durchsetzen wird. Aktuell ist ja auch das Abstammungsrecht in der Reform, auch da geht es ganz massiv um queere Themen. Deswegen bedanke ich mich für die Frage, weil das ein Punkt ist, der auf jeden Fall, der muss auf der Agenda bleiben. Ich fürchte leider, dass der momentan nochmal mit sehr viel Nachdruck nach oben gebracht werden muss, dass sich da was bewegt. Wie erklären Sie sich die Kritik an dem Gesetz? Um ehrlich zu sein, ist meine Einschätzung, dass da eine ganz gezielte Desinformationskampagne auch stattgefunden hat. Also dass es gerade aus rechtsextremen Kreisen ein Thema ist, wo natürlich auch sehr leicht ein Sündenbock gefunden wird. Also wenn Sie sich vielleicht mit gesellschaftlichen Entwicklungen in den USA auseinandersetzen, sieht man das sehr stark, dass da dieses Thema von Transgeschlechtlichkeit als Feindbild von rechtsextremen Kreisen gezielt aufgebaut wird. Wie gesagt, es gab eine massive Desinformation zu dem Gesetz. Und der zweite Punkt ist natürlich, also auch dieses Ängste schüren vor Missbrauch. Das ist glaube ich ein Vehikel, das ganz stark genutzt wurde, ohne dass es dafür eine empirische Grundlage gibt. Also dass tatsächlich Missbrauch unter diesem Gesetz stattfinden könnte, dafür gibt es gar nicht so gute Anhaltspunkte. Aber ich muss auch sagen, in dem Gesetzgebungsverfahren hat die Bundesregierung diese Befürchtungen ganz stark aufgegriffen. Also das ist auch auf der politischen Ebene so präsent gewesen. Und ich glaube, da hätte man vielleicht auch durch eine klügere Kommunikationsstrategie mehr in den Vordergrund stellen können, dass es hier eben um Gleichberechtigung und um Selbstbestimmung geht, ohne dass da bei anderen Menschen etwas weggenommen wird. Also ich glaube, dass man da auch sieht, was vielleicht aus bestimmten Ecken auch gezielt gestreut wurde, hat man nicht sehr geschickt abfangen können. Glauben Sie, dass unter einer unionsgeführten Bundesregierung da wieder etwas zurückgedreht wird? Ich hoffe es nicht. Ich glaube, man hat hier, also es wurde ja zum Teil angekündigt oder auch damit gedroht. Es ist natürlich auch ein sehr massiver Einigungsprozess, den vorausgegangen, also ob man da jetzt noch mal reingeht, hoffe ich, dass das nicht passiert. Und ich möchte auch dazu sagen, dass natürlich im Zweifelsfall auch entsprechende Gerichte angerufen werden. Und beim Bundesverfassungsgericht liegt sowieso schon ein Verfahren, das genau das zum Thema hat, dass er eigentlich die aktuelle Rechtslage nicht verfassungskonform ist. Insofern würde ich da ein Stück weit auch auf diese Institutionen setzen, die im Zweifelsfall hier ja auch ein bisschen den Riegel vorschieben. Der andere Punkt ist natürlich, dass jetzt auch eine gewisse Umstrukturierung stattfindet, dass natürlich auch gewisse Strukturen jetzt geschaffen werden, die vielleicht auch ja so weit einen Bestandsschutz vielleicht für dieses Gesetz etablieren werden. Das hoffe ich sehr. Es wäre, glaube ich, eine sehr deutliche Positionierung gegen die Menschenrechte dieser Personengruppe, die man damit aussenden möchte. Ich habe noch so viel Vertrauen, dass das vielleicht auch unter einer Unionsregierung, man sich das hoffentlich nicht ans Bein binden möchte. Wir nähern uns so langsam dem Tiergarten. Es wäre eventuell noch Zeit für eine letzte Frage zu diesem Thema. Ja, ich hätte kurz die Frage, was wäre denn ein Missbrauch von diesem Gesetz? Also ich kann mir keinen großen Missbrauch da vorstellen. Danke für diese Frage, die stelle ich mir auch. Da wurden ja so ein paar Szenarien skizziert, also zum Beispiel, dass Personen, die kriminell sind und vielleicht sogar auf der Flucht sind, die gehen zum Standesamt und ändern ihren Namen, um untertauchen zu können. Also das ist ein Szenario. Können Sie jetzt vielleicht für sich selber bewerten, ob Sie das für wahrscheinlich erachten. Das andere Szenario war, naja, es könnte ja dann vielleicht Männer geben, die sich in Frauenräume einschleichen oder auf die Frauentoilette gehen. Ich weiß nicht, ob Sie es schon mal erlebt haben, ich wurde noch nie nach meinem personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag gefragt, wenn ich auf eine Frauentoilette gegangen bin. Ich will damit sagen, dass wir ganz selbstverständlich darüber sprechen müssen, wie wir gesellschaftliche Räume gestalten, in denen sich alle sicher fühlen. Aber das Selbstbestimmungsgesetz hat damit nichts zu tun. Das ist dann vielleicht auch eine Frage des Antidiskriminierungsrechts, das ist eine Frage von Schutzräumen, die ist ganz wichtig, aber die hängt nicht an dem Selbstbestimmungsgesetz. Und ich möchte mich ganz speziell auch noch mal für die Frage bedanken und ich möchte vielleicht noch mal den Hinweis geben, weil das mit dem Missbrauch, das ist so präsent in den Medien, in den sozialen Medien und ich habe zu diesem Thema schon sehr viele Vorträge an unterschiedlichen Orten in Deutschland gehalten und mir hat dazu noch nie jemand eine Frage gestellt. Es ist noch nie passiert, dass sich jemand hingestellt hat und zu mir gesagt hat, dann schleichen sich doch alle Männer in die Frauensauna ein. Insofern möchte ich vielleicht auch ein bisschen, vielleicht macht es auch ein bisschen Hoffnung, dass diese schlimmen Positionen, die wir auch teilweise so immer wieder vor Augen geführt werden, dass die vielleicht doch nicht ganz so allgegenwärtig sind, wie das manchmal auch Social Media oder vielleicht auch die Medien selber uns das suggerieren. Danke für die Frage. Wir geben das Dankeschön gleich zurück. Vielen Dank Frau Hess für diesen spannenden Vortrag. Eine Punktlandung. Wir sind jetzt genau am Tiergarten angekommen. Es bleibt jetzt kurz Zeit, auszusteigen und auf die Toilette zu gehen, bevor wir dann weiterfahren und mit frische Luft rein zu lassen, bevor wir dann weiterfahren und mit unserem vorletzten Vortrag beginnen. So, ich hoffe wir haben alle wieder eingesammelt. Weiter geht die Fahrt und unsere Vorträge. Sie ist extra aus Erlangen abgeholt worden und schnell mit dem Auto hierher gebraust, um heute einzuspringen. Herzlich willkommen Frau Patricia Viata. Sie hat den Lehrstuhl für öffentliches Recht, Völkerrecht und Menschenrechte inne und ist Mitglied im Forschungszentrum Crenn, dem Zentrum für Menschenrechte an der Uni Erlangen Nürnberg, über das wir heute schon viel gehört haben. Frau Viata forscht zur Wahrung der Menschenrechte im sogenannten Anti-Terror-Kampf. Vielen Dank für Ihren Vortrag. Vielen Dank für die Einladung. Ja, wir nähern uns dem Ende dieses interessanten Abends mit einem Thema, das nicht leicht ist, sondern mit viel Brutalität verbunden ist, mit viel Angst und Schrecken. Aber ich kann Ihnen schon vorweg nehmen, dass ich den Vortrag schließen werde mit einer positiven Entwicklung zu Hinrichtung eines menschenrechtsfreundlichen Zugrangs zum sogenannten Anti-Terror-Kampf. Zunächst mal wissen wir alle, was im Oktober in Israel geschah, die brutalen Angriffe der Hamas, die Entführungen, die nicht nur das Land in Angst und Schrecken versetzt hat, sondern auch zu einer sehr heftigen militärischen Gegenwehr geführt hat und auch, wie der Verfassungsschutz berichtet, in Deutschland dazu führt, dass wir davon ausgehen müssen, dass die Gefahr terroristischer Anschläge, islamistischer Anschläge auf sogenannte weiche Ziele tendenziell zunimmt. Weiche Ziele sind Einzeltäter, die ohne großen Vorbereitungsaufwand einzelne, sogenannte weiche Ziele, das heißt einzelne Menschen, Personengruppen angreifen und töten. Wir erinnern uns an die Anschläge aus Solingen im Sommer oder auch in Mannheim. Das heißt, es ist in unserer deutschen Lebensrealität der internationale Terror angekommen durch kleine Taten, die nichtsdestotrotz großes menschliches Leid hervorrufen und tatsächlich zum Ziel haben, Angst und Schrecken in einer Bevölkerung, in einer freiheitlich ausgerichteten Bevölkerung zu steigern. Das verbindet auch die verschiedenen internationalen Terrororganisationen, die ganz unterschiedliche ideologische und politische Ziele verfolgen, die aber gemeinsam haben, dass sie eine einheitliche Gewaltstrategie haben, nämlich durch ihre Taten die freiheitliche Gesellschaft ein freiheitliches Leben einzuschränken, weil sie Angst und Schrecken verbreiten. Die Frage, die wir uns jetzt in unserem letzten Slot stellen, ist, wie viel Menschenrechtsschutz genießt denn und soll ein Mensch genießen, dessen Ziel es ist, unschuldige Menschen zu töten, um eine ganze Gesellschaft in Angst und Schrecken zu versetzen. Wie viel Menschenrechtsschutz genießt so ein Mensch? Und ich bitte Sie, wir hatten heute schon ein Gedankenexperiment. Stellen Sie sich einen ganz kurzen Moment lang vor, ein Terrorverdächtiger wird festgenommen. Es ist klar und eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb der nächsten Stunden eine Bombe explodiert, die viele unschuldige Menschen töten wird. Derjenige schweigt aber und sagt nichts aus über den Ort der Bombenplatzierung, wann es genau und wo es genau passieren wird. Wir wissen nur, es wird passieren, geheimdienstliche Informationen sind da. Wie darf mit diesem Menschenverfahren werden? Das ist ein erstes Szenario, das wir uns vorstellen können, die Menschenrechte von potenziellen Terroristen, von terroristischen Gefährdern. Wie muss ein Rechtsstaat, ein Rechtsstaat, der an Menschenrechten sich ausrichtet, mit potenziellen oder auch vielleicht schon überführten Terroristen umgehen? Wie viele Menschenrechte genießen sie selbst? Aber wir müssen die Gruppe der Betroffenen durchaus weiterziehen und feststellen, dass im sogenannten Anti-Terror-Kampf nicht nur die potenziellen terroristischen Gefährder in Mitleidenschaft geraten, sondern ganz oft eine gesamte Gesellschaft, eine Bevölkerung, die in einer räumlichen Nähe zu Terroreinheiten lebt oder vielleicht Familienangehörige im sozialen Umfeld von potenziellen oder auch offensichtlichen Terroristen lebt. Und ich denke, dass das menschliche Leid, das momentan im Gazastreifen passiert, sehr sinnbildlich ist für diese Problematik. Dass Menschen in Mitleidenschaft geraten im Anti-Terror-Kampf, die selbst nicht im Terror nahe stehen und auch keine eigene Verantwortung haben. Wie viele menschenrechtliche Kollateralschäden müssen wir also in Kauf nehmen in diesem Kampf gegen den internationalen Terrorismus? Das sind beides sehr komplexe Themen. Ich möchte diesen zweiten Aspekt der menschenrechtlichen Kollateralschäden nur ganz kurz umreißen und ihnen das rechtliche Regelwerk skizzieren. Das menschenrechtliche Regelwerk ist in dieser Hinsicht nämlich ziemlich eindeutig und auch klar. Wir wissen allerdings, das ist die Theorie. Diese Theorie sagt aus, dass das Recht auf Leben zu wahren ist. Das Recht auf Nahrung, auf Wasser, auf medizinische Versorgung. Es sagt aus, dass selbst in einem terroristischen Kontext, in einem internationalen Konflikt, das Verbot herrscht, zentrale Versorgungsgüter zu blockieren. Das sind alles Ausprägungen des humanitären Völkerrechts oder des internationalen Menschenrechtsschutzes, die uns die eindeutige Aussage geben, Kollateralschäden sind nicht zu dulden. Sie sind zu beschränken. Sie sind selbst im Kriegsfall auf ein verhältnismäßiges Maß zu reduzieren. So kompliziert das Klingenmaß, so einfach ist aber trotzdem die Aussage, die dahinter steckt. Zugleich sehen wir, dass die Frage, wie viel Menschenrechte soll denn der Terrorist genießen, sehr viel komplexer ist. Denken Sie an die schwierige Abwägung zwischen Sicherheit und Freiheit, die wir auch in Deutschland erleben, wenn es darum geht, wie intensiv darf jemand denn überwacht werden, wie viele geheimdienstliche Informationen dürfen gesammelt werden bei einer Person, die möglicherweise mit dem Terror sympathisiert, die schon mal in irgendeiner Form gewalttätig aufgefallen ist, aber wir wissen gar nicht genau, ob ein Anschlag passieren soll. Hier erleben wir auch in einem Rechtsstaat wie Deutschland Tendenzen der Ausweitung, der Vorverlagerung. Es braucht immer weniger Beweise, weil die Persönlichkeit des potenziellen Gefährders immer mehr in den Vordergrund rückt und seine Radikalisierung weg von einem klar identifizierbaren Anschlagsplan. Warum? Auch aus der nachvollziehbaren Logik, dass eben Anschläge auf weiche Ziele ganz schwer zu antizipieren und vorherzusagen sind. Wenn wir diese komplexe Frage, wie gehen wir damit um, wie wägen wir ab zwischen Sicherheit und Freiheit, wieder auf eine relativ einfache Formel runterbrechen, dann finden wir erneut eine relativ einfache Aussage. Und das ist glaube ich der Anker und der Kernaspekt, den wir dabei berücksichtigen müssen, nämlich ein Menschenrecht, das absolut gilt, von dem es keine Ausnahmen gibt, das auch nicht einschränkbar ist. Das ist nämlich das Gebot, die menschliche Würde zu wahren. Das heißt, wir haben hier ein Menschenrecht, das ist in der Präambel der Allgemeinerklärung der Menschenrechte als Fundament des internationalen Friedens erklärt wird und auch in Artikel 1 explizit genannt wird, jeder Mensch, egal wie missbilligenswert, wie grausam seine Gesinnung und seine Taten sind, ist würdevoll. Und der Staat muss jeden Menschen, auch den Terroristen in dieser Würde achten und hat das Verbot, die Würde zu verletzen. Und diese Kernaussage prägt jede Abwägungssituation und sie transformiert vor allem in ganz konkrete Verpflichtungen, nämlich nicht zu foltern. Das Folterverbot ist eine ganz konkrete handfeste Ausprägung dieses Würdeprinzips. Und auch das Folterverbot gilt absolut. Das bedeutet, es kann keine Ausnahmesituation geben, keine noch so spezielle Dringlichkeit geben, die es erlaubt, die menschliche Würde zu verletzen und beispielsweise Terroristen zu foltern. Kehren wir zurück zu diesem kleinen Gedankenexperiment, bedeutet das also, selbst wenn wir hier jemand festgenommen haben, der weiß, wo die Bombe platziert ist, der weiß, wer möglicherweise an zivilen Opfern in Mitleidenschaft gerät, getötet wird, er darf nicht gefoltert werden, weil ein Staat diese menschliche Würde absolut zu achten hat. Jetzt kennen wir alle die Realität des Anti-Terror-Kampfes und vielleicht sind manchen von Ihnen die sogenannten Black Sides im Anti-Terror-Kampf der US-Regierung unter Bush bekannt. Im Zeitraum zwischen 2002 und 2008 hat die US-amerikanische Regierung ganz gezielt auf fremden Territorium Gefängnisse gegründet, hat terroristische Gefährder entführt, in diese geheimen Gefängnisse gebracht und dort systematisch gefoltert. Über 100 Männer haben das erleben müssen, Terrorgefährder, zum Teil auf relativ unsicherer Tatsachengrundlage. Wenn wir jetzt sagen, naja, das war in Amerika, das wundert uns ja gar nicht, dann muss man sagen, so einfach können wir es uns nicht machen, weil auch europäische Staaten mit der US-amerikanischen Regierung kooperiert haben. Unter anderem Polen, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im Jahr 2014 eine Entscheidung gegen Polen erlassen, weil auch auf polnischem Territorium ein solches Geheimgefängnis erlaubt wurde und Polen sich insofern des Folterverbots gegen das Folterverbot mitverstoßen hat, weil es geduldet hat, dass US-amerikanische Geheimdienstangehörige gefoltert haben auf polnischem Territorium. Das bedeutet, das Phänomen im Notfall auch Folter einzusetzen, um im Anti-Terror-Kampf menschliches Leiden der Zivilbevölkerung zu verhindern, ist bis zu einem gewissen Grad auch ein europäisches. Wir können es nicht völlig von der Hand weisen. Dazu sagt die Völkerrechtswissenschaftlerin Sophie Durois Folgendes und sie wirft damit die Frage unserer moralischen Mitschuld auf. Ich lese vor, ich zitiere sie. Mutmaßliche Terroristen wurden zu entbehrlichen menschlichen Wesen, zu einer potenziellen Informationsquelle und zu einem bloßen Mittel im Krieg gegen den Terror gemacht. Dadurch wurde die Gesellschaft als Ganzes moralisch mitschuldig, denn wurden diese Taten nicht auch zu unserer Sicherheit und in unserem Namen begangen, haben nicht auch unsere demokratisch gewählten Regierungen die Menschenwürde der anderen vergleugnet, um unsere Angst vor ihnen zu lindern. Und ich denke dieses Spannungsfeld betrifft uns alle und es erlaubt uns zugleich zwei normative Grundpfeiler zu definieren, die unumkehrbar sind im sogenannten Anti-Terror-Kampf. Das ist auf der einen Seite die Wahrung der Menschenwürde, das Verbot zu foltern, auf der anderen Seite das Verbot, die Zivilbevölkerung als Kollateralschäden in unverhältnismäßiger Art und Weise in den Anti-Terror-Kampf einzubeziehen. Jetzt habe ich Ihnen versprochen, ich sage nicht nur schlimme Dinge, sondern weise auch auf ein bisschen Licht am Ende des Tunnels und das kann ich machen, indem ich auf die Terrorismusfinanzierung eingehe. Wie Sie vielleicht auch wissen, gibt es sogenannte Terroristen, die werden vom UN-Sicherheitsrat definiert, da kommen auch erneut überführte oder potenzielle Terroristen rauf. Das Ziel ist es, ihre Vermögenswerte einzufrieren und Finanzflüsse zu stoppen. Das klingt auch in der Theorie gut, es sind sogenannte Targeted Sanctions, das heißt, sie sollen sich eben nur gezielt auf die Person richten, die betroffen ist und nicht auf alle. Tatsächlich hat sich aber beispielsweise mit afghanischen Sanktionsmaßnahmen gezeigt, dass erneut die Zivilbevölkerung unter solchen Sanktionen maßgeblich leidet, weil sowohl Hilfsorganisationen als auch Banken davor zurückschrecken, in solchen Krisenregionen überhaupt noch aktiv zu werden, weil sie Angst haben, selbst an dieser Finanzierung des Terrorismus mitzuwirken, sich also selbst verantwortlich und schuldig zu machen an der Terrorismusfinanzierung, sodass das menschliche Leid in der Region potenziert wurde. Sowohl auf UN-Ebene als auch auf EU-Ebene wurde das erkannt und es wurden Ausnahmeregime eingeführt im Jahr 2022 auf UN-Ebene, jetzt auf EU-Ebene im letzten Jahr realisiert, dass Hilfsorganisationen eine automatische Ausnahme haben und in solchen Krisenregionen tätig werden können. Auf EU-Ebene ging das Ganze sogar einen Schritt weiter und es wurde anerkannt, dass die menschlichen Bedürfnisse des auf der Liste stehenden potenziellen Terroristen gedeckt werden müssen und auch die seiner Familienangehörigen. Das heißt, diese Idee, wir nehmen alle Kollateralschäden in Kauf, sind wir in einem gewissen Korrektiv und von einem Korrektiv irgendwo eingegrenzt. Das war meine positive Botschaft am Schluss, die uns zeigt, es gibt die Anerkennung dieses Grundsatzes, es gibt eine Menschenwürde, auch der gelistete Terrorist muss sein Leben finanzieren können und auch seine Familienangehörigen müssen irgendwo ein menschenwürdiges Leben führen. Meine positive Botschaft am Schluss und ich danke für Ihre Aufmerksamkeit zu später Stunde. Wenn es mit den internationalen Menschenrechten so doll ist, dann frage ich mich, warum keiner gegen den NATO-Staat Türkei vorgeht, der seit 2018 in Nordsyrien die Kurden bombardiert und mittlerweile auch im Nordirak die kurdischen Stellung angreift unter der Begründung, das sind alles Terroristen. Wir dürfen nicht vergessen, die Kurden, die wir als Terroristen bezeichnen, haben den meisten Kampf gegen den IS bestanden, die haben am meisten Tote gehabt, die NATO nicht, aber die Kurden, die uns geholfen haben gegen den IS anzugehen, die werden jetzt immer noch von der Europäischen Union als Terroristen verurteilt. Wann kommt Erdogan vor das Gericht? Das ist eine sehr wichtige Frage. Ich weiß, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sich mit der Sache mehrfach befasst hat. Ich kenne die Details der Entscheidungen nicht, aber es ist mit Sicherheit so, die Grundsatzfrage, die Sie aufwerfen, betrübt vielleicht auch ein Stück weit, wen sanktionieren wir, wegen welcher Taten, gegen welche Staaten werden von anderen Staaten Sanktionen verhängt, gegen welche nicht. Auch das ist in diesem Anti-Terror-Kampf-Kontext eine große Grundsatzfrage, gegen wen gehen westliche Staaten sanktionierend vor und gegen welche Staaten trotz Menschenrechtsverletzter Aktivitäten nicht. Gibt es irgendwo einen rechtlichen Maßstab für die Verhältnismäßigkeit der Mittel? Ich denke konkret tatsächlich an den Gazastreifen mit zigtausenden zivilen Opfern. Es ist klar, was am 7. Oktober ganz schlimm passiert ist, aber wo ist da die Verhältnismäßigkeit der Mittel? Das ist eine Frage, die sich die ganze Welt stellt. Was ich Ihnen sagen kann, ist, was ist das rechtliche Prinzip? Das rechtliche Prinzip ist zunächst mal tatsächlich, im Kriegszustand sind zivile Opfer mit eingepreist. Das Kriegsvölkerrecht akzeptiert bis zu einem gewissen Grad zivile Opfer, aber was das zahlenmäßig bedeutet, ist schwierig. Was feststeht ist, sowohl das Verwenden von menschlichen Schutzschildern ist ein völkerstrafrechtliches Phänomen, als auch die Blockade von Hilfsgütern. Das ist alles verboten im Kriegsrecht. Das ist, zivile Einrichtungen zu treffen, die nicht einem nachweisbaren militärischen Zweck dienen, ist auch im Völkerrecht verboten. Eine Quantifizierung von Opfern ist mit Sicherheit schwierig, weil es immer davon abhängt, wie hoch ist sozusagen der nachgewiesene oder einigermaßen anzunehmende militärische Wert der Aktion. Aber trotzdem gilt, dass in dem Moment, wo der militärische Nutzen oder der selbstverteidigende Nutzen im Missverhältnis steht zur Anzahl der zivilen Opfer, dass das unzulässig ist. Und auch eine gezielte Blockade von humanitären Hilfleistungen ist völkerrechtswidrig. Wir nähern uns dem Hauptbahnhof, unser vorletztes Ziel. Wie ist es denn, wenn man jetzt die vermeintlich Guten so viel Böses machen sieht? Wie kann man sich da als Forscherin professionell distanzieren? Sie meinen die USA? Zum Beispiel. Ich weiß nicht, ich glaube die Kategorie gut und böse, in Staatlichkeit, auch im deutschen Rechtsstaat, wie wir eben gehört haben, werden Gesetze nicht reformiert und es passieren Menschenrechtsverletzungen. Ich habe die Hoffnung, dass in Deutschland nicht gefoltert wird. Unter Obama hat die Folter im Antiterrorkampf auch die systematische Folter abgenommen. Stattdessen wurden Kampffrohneinsätze verschärft. Also unter der Regierung von Obama hat sich die Anzahl an Tötungen in Kampffrohneinsätzen verzehnfacht, mit ebenfalls einer hohen Anzahl an zivilen Opfern. Also gut und böse sind keine Kategorien, die sich uns stellen. Als Juristen interessiert uns, gibt es einen rechtlichen Rahmen, was sagt er? Und natürlich, warum macht es politisch Sinn, dass sich die Regierungen hinwenden zu einem legalen, menschenrechtsfreundlichen Verhalten? Warum ist es eigentlich auch im politischen Kalkül für den Staat nicht zu foltern? Weil es kann gut sein, dass seine eigenen Militärangehörigen auch in die Haft und in die Hoheitsgewalt fremder Staaten kommen. Es könnten Blaupausen entstehen, aber gut und böse sind vielleicht nicht die Kategorien. Und die US-Amerikaner pauschal als Gute zu klassifizieren, ist vielleicht auch schwierig. Aber sie als böse zu klassifizieren, genauso. Dann hake ich nochmal nach. Und die Distanz als Forscherin, wenn man das erforscht, ist die schwierig? Die Distanz mit Blick auf die menschlichen Dimensionen in solcher Fälle, ja, also das ist natürlich, wenn man über sowas wie diese Geheimgefängnisse liest, ist es dramatisch. Ich glaube, der akademische Umgang damit ist ja immer eingerahmt jetzt aus juristischer Perspektive mit der Frage, welches Recht ist anwendbar, wie ist es durchsetzbar, was wir auch bei den anderen Vorträgen gehört haben. Wie können Reformideen umgesetzt werden? Wie kann staatliche Missbrauchverhalten diszipliniert werden? Das sind ja so die Kategorien. Dann bedanke ich mich ganz herzlich bei der Frau Wiater für ihren Vortrag. Wer jetzt am Hauptbahnhof aussteigen möchte, um zum Zug oder so zu kommen, wie auch zwei unserer Referenten, da möchte ich mich schon mal ganz herzlich verabschieden und bedanke mich, dass Sie mit uns gefahren sind und sich auf dieses Experiment heute Abend eingelassen haben. Wer noch bei uns bleibt, den erwartet natürlich noch ein Highlight auf der letzten Station, jetzt bis zum Plärder. Okay, alle, die jetzt noch dabei sind, wunderbar. Sie bleiben uns treu bis zum Schluss. Auf unserem letzten Stück zurück zum Plärder begleitet uns nun noch ein Stargast. Frau Eva Pilz ist eine weltweit renommierte Expertin für Menschenrechte, vor allem mit dem Schwerpunkt China. Sie kam in diesem Jahr erst durch die renommierte Alexander von Humboldt-Professur nach Erlangen und konnte dadurch aus London hierher gelockt werden. Frau Pilz, schön, dass Sie jetzt hier sind. Ja, also vielen Dank und ich freue mich sehr hier zu sein und ich sollte vielleicht als erstes auch sagen, dass ich sehr, sehr beeindruckt bin von der Initiative dieser Trambahn der Zivilgesellschaft in Nürnberg, die ich jetzt gerade erst kennenlerne, denn ich bin tatsächlich erst vor zwei Monaten hier angekommen und natürlich auch sehr froh bin über die Kooperation zwischen der FAU und der Zivilgesellschaft hier. Gerade vielleicht auch, weil ich davor in London war und davor in Hongkong und davor in New York und davor in London, bin ich sehr beeindruckt von der engen Kooperation und der wirklich engen Beziehung, die ich hier so beobachte, zwischen der Universität und einer sehr, sehr regen, lebhaften, lebendigen Zivilgesellschaft. Ganz toll. Und ich denke, wir haben ja jetzt schon sehr viel tiefe Inhalte gehört zu sehr aktuellen Menschenrechtsthemen und zur sehr, sehr wichtigen Rolle, zur Wichtigkeit der Menschenrechte im Umgang mit diesen Themen, also Klimaschutz, die Rolle der Menschenrechte ist eine Sprache, ein Gerüst, ein normativer Rahmen, innerhalb, den wir verwenden können, um Antworten auf diese riesige Herausforderung, Klimawandel zu finden, Selbstbestimmungsgesetz und die Wichtigkeit, die auch die Möglichkeit, Menschenrechte zu nutzen und zu realisieren, um, ich glaube, so hat das Ronja ausgedrückt, bestimmte Gruppierungen sichtbar zu machen und eben auch allen eine Möglichkeit zu einem selbstbestimmten Leben zu schaffen. Und dann zuletzt sehr wichtig in diesen ganz schlimmen Terror- und Konflikt-Zusammenhängen, die Insistenz, das Beharren des Menschenrechtsgedanken, dass man Menschenrechte nicht aushebeln kann, auch nicht in diesen schrecklichen Situationen, auch nicht in Bezug auf Menschen, die vielleicht, also die persönlich Schuld auf sich geladen haben oder zumindest Terrorismusverdächtiger sind. Und all das ist wichtig und gut und natürlich möchte ich daran festhalten. Was ich aber vielleicht jetzt noch als weiteren Gedanken mit Ihnen teilen wollte, ist, dass aus meiner Sicht die Menschenrechte selbst gerade jetzt auch in Krise sind und auch bedroht sind und dass wir auch darüber nachdenken sollten. Wenn ich ein bisschen von meiner Erfahrung erzählen darf, dann führt mich das natürlich zurück an diese Orte, die ich gerade erwähnt habe. In London zum Beispiel, also in Großbritannien, ist es so, dass es derzeit eine durchaus große wichtige Diskussion darüber gibt, ob man sich aus diesem ganz, ganz zentralen und eher frühen Menschenrechtsvertrag, der schon mehrmals erwähnt worden ist, der europäischen Konvention der Menschenrechte zurückziehen sollte, ob man sozusagen dieses Vertragsgerüst wieder verlassen sollte. Eine politische Diskussion, die durchaus auch Resonanz hat in anderen Ländern. In China, naja, es ist vielleicht, also es ist natürlich kaum überraschend, dass die Menschenrechtssituation in China sehr, sehr, sehr prekär ist und was mir besonders wichtig ist, auch mitzuteilen, mit Ihnen zu teilen heute, ist, dass nicht nur bestimmte Menschenrechtsverletzungen in sehr großem Ausmaß stattfinden. Man konnte zum Beispiel an das die Situation der Uiguren denken, der Kasachen, also ethnische Minderheiten, religiöser Minderheiten, Gruppierungen, die von Massenverhaftung betroffen werden in Situationen, die befreundete Menschenrechtsverteidiger als eine Art Konzentrationslager bezeichnet haben, aber auch die Tatsache, dass diese Menschenrechtsverteidiger selbst, also die Fürsprecher sozusagen für die Menschenrechte anderer, immer stärker verfolgt werden. Ich war letzten Monat in Peking und habe mich dort mit Anwälten getroffen, die eigentlich, denen es eigentlich möglich sein sollte, als Juristen zu arbeiten, als Akademiker zu arbeiten, so ein bisschen wie wir das hier versuchen, die aber so stark verfolgt werden, dass sie eigentlich gar keine Möglichkeit mehr haben, sich für Mandanten einzusetzen. Ihnen werden die Lizenzen erzogen, wenn sie entzogen, wenn sie Anwälte sind oder die Lehrgenehmigung, wenn sie Akademiker sind und nicht nur sie selbst werden ganz stark kontrolliert, werden manchmal verschwunden, also sozusagen von einer Art vom Staat entführt. Sie selbst erleiten Folterungen, Folter der Art, wie sie auch ihre Mandanten betroffen haben, sondern auch ihre Familien sind ganz, ganz stark betroffen. Das hat mich gerade so in den letzten, bei den letzten Besuchen auch sehr bedrückt, wenn das eigene Kind nicht zur Schule darf, weil man selbst versucht, sich für Menschenrechte einzusetzen, ist das natürlich besonders schlimm. Oder wenn ich an Hongkong denke, wo ich früher gearbeitet habe, als ich das letzte Mal nach der Pandemie wieder nach Hongkong zurückkehren konnte, war einer meiner Besuche bei einem früheren Kollegen, der jetzt inzwischen in Stanley High Security Prison leider ist und da möglicherweise auch für viele Jahre nicht mehr rauskommt. Und ich erwähne diese Beispiele nicht, um sozusagen zu sagen, irgendwie mitzuteilen, dass es sich hier um besonders ferne Bedrohungen handelt, die uns nicht betreffen, sondern ganz im Gegenteil, ich sehe leider sehr viele Verbindungen und Verknüpfungen. Ich würde gerne noch gerade noch ein paar Minuten darauf verwenden, das kurz zu erklären. Zum einen ist es natürlich so, dass der Diskurs gegen diese Idee von menschenrechtlichen Verpflichtungen, die die Staaten haben und die sie einhalten müssen auf Grund von Verträgen, das der uns auch erreicht hat. Es gibt eine sehr starke politische Diskussion dazu, dass die Rolle der Menschenrechte politische Entscheidungen einzuschränken, problematisch ist abgelehnt wird als eine Art von Kontrolle von außen, die sozusagen die eigene demokratische Selbstbestimmung beeinträchtigt. Und ich denke, dass viel dieses Diskurses stattfindet in einem Rahmen, in dem eigentlich genau die Gemeinschaften, von denen wir bisher gehört haben, also die zum Beispiel Gruppierungen von transsexuellen, von Intersex-Gruppierungen, Terrorismusverdächtigte, natürlich Migranten wären auch ein sehr großes Thema und letztlich auch deren Fürsprecher als Feinde der Gesellschaft dargestellt werden, in einem Diskurs, der mich manchmal ganz erschreckend erinnert an das, was ich in Hongkong und in China beobachtet habe. Und ich denke, es ist sehr wichtig, dass wir in diesem Zusammenhang sehen, dass der Aufbau von Feindbildern ein ganz, ganz gefährliches Instrument ist, das es politischen Akteuren ermöglicht, Oppositionen auszugrenzen und den Grundgedanken der Menschenrechte zu untergraben. Also wir konnten zum Beispiel als Beispiel natürlich auch an die politische Situation in den USA, das wurde schon mehrmals genannt, denken und die Tatsache, dass Trump im jetzigen Wahlkampf immer wieder und immer intensiver von der politischen Opposition als Volksfeind, als inneren Feind spricht. Und ich denke, es ist sehr wichtig, dass man sich klarmacht, dass diese Diskurse und diese Ausgrenzungsversuche auch unsere Gesellschaft hier in Deutschland, in Bayern, in Nürnberg betreffen können. Wie stark das der Fall ist, ist natürlich etwas, was ich für diese Stadt noch nicht so gut beurteilen kann. Aber es würde mich sehr interessieren, Ihre Einschätzung dazu zu hören. Und was ich andererseits auch noch so als generellen Kommentar noch teilen wollte, ist, dass gerade in Gesellschaften, in denen eine Polarisierung aufgebaut wird, Feindbilder aufgebaut werden, politische Akteure den Schutz der Menschenrechte und Fürsprecher für die Menschenrechte als illegitim zurückweisen. Gerade in diesen Gesellschaften ist es natürlich wichtig, dass wir Diskussionen wie die heute Abend haben, dass wir an einer lebendigen Zivilgesellschaft festhalten. Vielen Dank. Wir nähern uns schon dem Plärer. Es bleibt vielleicht Zeit, doch trotzdem für eine Frage, wenn jemand einen unter den Nägeln brennt. Wenn Sie es kurz noch behalten würden. Die Frage ergibt sich aus Ersatzstellung. Am 21. November sind die Haushaltsberatungen. Wir werden da sein. Am Rathausplatz, es geht darum, die Unterstützung des Confucius Institutes, die Propagandaabteilung der Kommunistischen Partei bekommt aus dem Stadtsäckel dieses Jahr wieder 37.000 Euro. Wer dagegen ist, dass die Stadt Nürnberg die Kommunistische Partei unterstützt, am 21. November ab 8.30 Uhr am Rathausplatz. Fahlin Gong werden da sein, Tibet sind in Tiefel und die Übrigen aus China werden da sein. Also es wird was geboten. Confucius Institute? Ja, wichtiges Thema und im Prinzip denke ich auch, dass es sehr, sehr wichtig ist, dass wir auch in Universitäten anstließlich der FAO darüber nachdenken, wie wir mit chinesischen Partnern umgehen und dass in der Tat die Confucius Institute wie aber auch andere universitäre Institutionen, Akteure, die aus China zu uns kommen, durchaus einen politischen Auftrag haben und mit diesem politischen Auftrag hier ankommen. Was ist der Auftrag? Ganz kurz gefasst, die chinesische Formel ist Jiang Hao Dong Guo Gu Shi, die Geschichte Chinas korrekt zu erzählen, wenn sie hier in Deutschland sind und was korrekt ist bestimmt natürlich die Partei. Und natürlich ist das ein ganz wichtiges Anliegen, dass wir uns damit auseinandersetzen, wie wir auf eine derartige politische Kontrolle von Gastwissenschaftlern, sogar Studierenden reagieren, die hier zu uns kommen und mit uns eigentlich Forschung oder Lehre oder akademischen Austausch betreiben sollen. Was ich allerdings sagen und um ganz kurz sozusagen zu den Confucius Instituten muss ich auch sagen, ich denke, dass es problematisch ist, wenn wir Institute, die so sehr von der Partei gelenkt werden, einfach in unseren akademischen Betrieb mit aufnehmen, als ob sie sozusagen aus irgendeinem anderen Land kämen und als ob wir diese politische Kontrolle ignorieren könnten. Was ich allerdings auch sagen möchte, ist, dass es aus meiner Sicht keine Lösung wäre, gar keine Lösung, wenn wir einfach nur sagen würden, wir schmeißen jetzt alle Confucius Institute raus und damit haben wir irgendwie das Problem sozusagen beseitigt. Warum nicht? Na zum einen, weil das natürlich überhaupt nicht nur die Confucius Institute sind, die mit uns akademischen Austausch betreiben, aber zum anderen auch weil und das kompliziert dieses Narrativ natürlich sehr, es nach wie vor wichtig bleibt, dass wir Kontakte zur Zivilgesellschaft auch in sehr repressiven Systemen weiter aufrechterhalten, gerade besonders in diesen repressiven Systemen. Ein anderer Kollege, mit dem ich mich letzten Monat getroffen habe und ich werde seinen Namen sehr bewusst nicht nennen, ist ein Professor, der an einer der wichtigsten Universitäten des Landes ein sehr berühmter Jurist war, bis er 2018 einen kritischen Aufsatz zu Xi Jinping, den er als totalitär charakterisierte, in den sozialen Medien veröffentlichte, darauf passierte völlig vorhersehbar, dass ihm die Lehrberechtigung entzogen wurde, dass ihm seine Professur entzogen wurde, dass er seinen Gehalt verlor, seine Pension verlor, dass er nicht mehr ausreisen darf, dass er keinerlei Kontakte mehr hat mit seinem professionellen Umfeld. Diesen Akademiker wollen wir ja bestimmt nicht weiter ausgrenzen, indem wir nun sagen, wir brechen alle Kontakte ab mit der Zivilgesellschaft in diesem sehr stark unterdrückten Land und ich denke, es ist sehr wichtig, dass wir sozusagen sehen, dass es ganz viele Schattierungen der Unterdrückung und eben auch des Aktivismus und der freien Meinungsäußerung gibt. Bei vielen verschiedenen akademischen Akteuren, es ist aus meiner Sicht sehr wichtig, dass wir so weit wie möglich Austausch und Freiräume aufrechterhalten, um weiterhin auch mit Teilen der chinesischen Gesellschaft Kontakt zu behalten, die eben nicht nur den Parteistaat repräsentieren. Vielen herzlichen Dank an alle unsere Referenten, die noch da sind. Vielen herzlichen Dank an Sie, liebes Publikum, die zwei Stunden mit uns durch Nürnberg, die Stadt der Menschenrechte gefahren sind und sich mehr für das Thema Menschenrechte heute interessiert haben. Ich darf Sie ganz herzlich einladen, auf die Seite Wissen wollen der FAU zu schauen ins Internet. Dort sind die Termine der kommenden Veranstaltungen. Weiter geht es zum Beispiel im Dezember mit einem Vortrag in Erlangen, Aberglaube versus Wissenschaft im Alten Ordient oder dann im Januar mit einem Science Slam im Zollhof hier in Nürnberg. Vielen herzlichen Dank und kommen Sie gut nach Hause.
CC
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