Bühne aufs Ohr. Eine Reise durch die geistlichen Spiele des Mittelalters /KursID:3520
- Letzter Beitrag vom 2023-06-29
Schlüsselworte: Mittelalter Germanistik drama Podcast Theater Frühe Neuzeit Theaterwissenschaft Lehrstuhl für Ältere deutsche Literatur Mediävistik Geistliche Spiele Mittelhochdeutsch Frühneuhochdeutsch

Lehrende(r)

Dr. Sandra Hofert

Einrichtung

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Aufzeichnungsart

Podcast

Zugang

Frei

Sprache

Deutsch

Theater im Mittelalter

Ein eigenes Theatergebäude mit einer beleuchteten Bühne und einem dunklen Zuschauerraum, in welchem das Publikum schweigend sitzt und das Schauspiel verfolgt – so mag Theater heute funktionieren, nicht aber im Mittelalter! 

Dort gibt es oft mehrere einzelne Bühnen unter freiem Himmel, zwischen denen das Publikum im Laufe des Stückes hin und her wandert. Das ‚Drama des Mittelalters‘, die sogenannten geistlichen Spiele, knüpfen nicht an die antike Theatertradition an, sondern sind eng mit der Liturgie verwandt. Religiöse Stoffe werden zu kirchlichen Festtagen als großes Spektakel inszeniert.

Doch um biblische Inhalte auf die Bühne zu bringen, brauchen sie eine neue Form: Die Geschichten werden ausgewählt und neu arrangiert, weiter- und umerzählt, und dabei auch mit eigenen Sinndimensionen aufgeladen. Dabei müssen verschiedene Fragen beantwortet werden, etwa: Wie wird der Bühnenraum organisiert? Wie stark soll das Publikum in das Geschehen mit einbezogen werden? Oder: Darf man Gott überhaupt auf der Bühne darstellen?

Im Sommersemester 2023 haben sich die Germanistik-Studierenden der FAU auf eine historische Spurensuche begeben und versucht, anhand von den Textzeugnissen, die uns heute noch überliefert sind, die mittelalterlichen Spektakel vor ihren inneren Augen wieder neu zu inszenieren. Und wir haben uns gedacht: Wir wollen auch Sie an unserer Reise in die Vergangenheit teilhaben lassen und die dramatische Textform in ein modernes Medium übertragen: den Audio-Podcast!


Um welche geistlichen Spiele wird es gehen?

Das Alsfelder Passionsspiel mit den Paralleltexten. Hrsg. v. Johannes Janota. Tübingen 2004 (Hessische Passionsspielgruppe. Edition im Paralleldruck 2).

Das Egerer Fronleichnamsspiel. Hrsg. v. Gustav Milchsack. Tübingen 1881 (Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart 156).

Das Heidelberger Passionsspiel. Mit den Paralleltexten der ‚Frankfurter Dirigierrolle‘, des ‚Frankfurter Passionsspiels‘, des ‚Alsfelder Passionsspiels‘ und des ‚Fritzlarer Passionsspielfragments‘. Hrsg. v. Johannes Janota. Tübingen 2004 (Hessische Passionsspielgruppe. Edition im Paralleldruck 3).

Das Hessische Weihnachtsspiel. In: Das Drama des Mittelalters. Bd. 3: Passionsspiele, Weihnachts- und Dreikönigsspiele, Fastnachtspiele. Hrsg. von Richard Froning. Darmstadt 1964, S. 902–939.

Das Innsbrucker Osterspiel. Hrsg. v. Henrike Lähnemann. Auf Grundlage der Edition von Eduard Hartl (1937) neu herausgegeben. Oxford 2015 (hier online abrufbar).

Alle Informationen zur Überlieferung finden Sie im Handschriftencensus.


Ein paar Literaturtipps zum Weiterlesen

  • Barton, Ulrich: Inszenierung und Transzendierung von Räumlichkeit im Passionsspiel. In: Orte der Imagination – Räume des Affekts. Die mediale Formierung des Sakralen. Hrsg. v. Elke Koch u. Heike Schlie. Paderborn (2016), S. 439–460.
  • Bergmann, Rolf: [Art.] Spiele, Mittelalterliche geistliche. In: Reallexikon der Deutschen Literaturgeschichte. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin u. New York 1984, S. 64–100.
  • Bergmann, Rolf: Katalog der deutschsprachigen geistlichen Spiele und Marienklagen des Mittelalters. München 1986.
  • Bockmann, Jörn u. Regina Toepfer (Hgg.): Ambivalenzen des geistlichen Spiels. Revisionen von Texten und Methoden. Göttingen 2018.
  • Eming, Jutta: Sprache und Gewalt im spätmittelalterlichen Passionsspiel. In: Blutige Worte. Internationales und interdisziplinäres Kolloquium zum Verhältnis von Sprache und Gewalt in Mittelalter und Früher Neuzeit. Hrsg. v. Claudia Jarzebowski u. Jutta Eming, Jutta. Göttingen 2007 (Berliner Mittelalter- und Frühneuzeitforschung 4), S. 31–52.
  • Freise, Dorothea: Geistliche Spiele in der Stadt des ausgehenden Mittelalters. Frankfurt 2002.
  • Goetz, Hans-Werner: Gott und die Welt. Religiöse Vorstellungen des frühen und hohen Mittelalters. Teil 1, Band 1: Das Gottesbild. Berlin 2011.
  • Huwiler, Elke, Elisabeth Meyer u. Arend Quak (Hgg.): Wat nyeus verfraeyt dat herte ende verlicht den sin. Studien zum Schauspiel des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Fs. Carla Dauven-van Knippenberg. Amsterdam u. New York 2015 (Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik 75).
  • Kasten, Ingrid u. Erika Fischer-Lichte (Hgg.): Transformationen des Religiösen. Performativität und Textualität im geistlichen Spiel. Berlin u. New York 2007.
  • Linke, Hansjürgen: Die Gratwanderung des Spieleditors. In: Methoden und Probleme der Edition mittelalterlicher deutscher Texte. Bamberger Fachtagung, 26.–29. Juni 1991. Hrsg. v. Rolf Bergmann u. Kurt Gärtner. Tübingen 1993, S. 137–155 (Beiheft zu editio 4).
  • Linke, Hansjürgen: Vom Sakrament zum Exkrement. Ein Überblick über Drama und Theater des deutschen Mittelalters. In: Theaterwesen und dramatische Literatur. Beiträge zur Geschichte des Theaters. Hrsg. v. Günter Holtus. Tübingen 1987, S. 127–164.
  • Meier, Christel, Heinz Meyer u. Claudia Spanily (Hgg.): Das Theater des Mittelalters und der frühen Neuzeit als Ort und Medium sozialer und symbolischer Kommunikation. Münster 2004.
  • Mohr, Jan u. Julia Stenzel: [Art.] Mittelalter – geistliches Spiel. In: Handbuch Drama. Theorie, Analyse, Geschichte. Hrsg. v. Peter W. Marx. Stuttgart u. Weimar 2012, S. 209–215.
  • Müller, Jan-Dirk: Kulturwissenschaft historisch. Zum Verhältnis von Ritual und Theater im späten Mittelalter. In: Lesbarkeit der Kultur. Literaturwissenschaften zwischen Kulturtechnik und Ethnographie. Hrsg. v. Gerhard Neumann u. Sigrid Weigel. München 2000, S. 53–77.
  • Schulze, Ursula: Geistliche Spiele im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Berlin 2012.
  • Toepfer, Regina: Die Passion Christi als tragisches Spiel. Plädoyer für einen poetologischen Tragikbegriff in der germanistischen Mediävistik. In: Literatur als Spiel. Evolutionsbiologische, ästhetische und pädagogische Aspekte. Hrsg. v. Thomas Anz u. Heinrich Kaulen. Berlin [u.a.] 2009 (Spectrum Literaturwissenschaft 22), S. 159–176.
  • Ziegeler, Hans-Joachim (Hg.): Ritual und Inszenierung. Geistliches und weltliches Drama des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Tübingen 2004.

Zugehörige Einzelbeiträge

Folge
Titel
Lehrende(r)
Aktualisiert
Zugang
Dauer
Medien
1
Vom Theater zum Podcast. Was erwartet Sie hier?
Dr. Sandra Hofert
2023-06-14
Frei
00:03:36
2
Was sind geistliche Spiele?
Dr. Sandra Hofert
2023-06-29
Frei
00:14:22
3
Bühne auf’s Papier. Die Praxis der Editionsphilologie
Dr. Sandra Hofert
2023-06-29
Frei
00:19:31
4
Intertextualität. Von der Bibel zum Stage Play am Beispiel der Versuchung Jesu
Dr. Sandra Hofert
2023-06-29
Frei
00:15:58
5
Vergegenwärtigtes Theater. Performativität und Räumlichkeit im Alsfelder Passionsspiel
Dr. Sandra Hofert
2023-06-29
Frei
00:22:04
6
Performativität und Medialität. Schauspieler und Publikum
Dr. Sandra Hofert
2023-06-29
Frei
00:17:06
7
Sollte man Mitleid mit dem Teufel haben?
Dr. Sandra Hofert
2023-06-29
Frei
00:08:48
8
Figurenanalyse. Gott auf die Bühne bringen
Dr. Sandra Hofert
2023-06-29
Frei
00:16:48
9
Weihnachtsgeschichte meets Comedy. Das Hessische Weihnachtsspiel
Dr. Sandra Hofert
2023-06-29
Frei
00:19:26
10
Emotionsdarstellung in geistlichen Spielen des Mittelalters
Dr. Sandra Hofert
2023-06-29
Frei
00:15:25
11
Passion und Poststrukturalismus. Das Heidelberger Passionsspiel aus diskursanalytischer Perspektive
Dr. Sandra Hofert
2023-06-29
Frei
00:33:05
12
Diskursanalyse am Heidelberger Passionsspiel
Dr. Sandra Hofert
2023-06-29
Frei
00:16:04
13
Geistliche Spiele heute. Das Oberammergauer Passionsspiel
Dr. Sandra Hofert
2023-06-29
Frei
00:10:36