In diesem Podcast unterhalte ich mit mit Frau Prof. Dr. Ute Schmid, Lehrstuhl für Kognitive Systeme an der Universität Bamberg, zum Thema: Welche Auswirkungen wird die Künstliche Intelligenz auf die Hochschullehre haben? Diskutiert wird unter anderem über die KI-Tutoren und die Notwendigkeit, diese in Kooperation zu erstellen, wie auch über die Problematik von Learning Analytics.
Das Gespräch mit Prof. Dr. Ute Schmid fand am 10.10.2023 auf dem Symposium des Projekts QUADIS an der Universität Bamberg statt.
Intro: Die Zukunft der Lehre. Wissen teilen, Chancen gestalten. Ein Podcast. Wir haben Corona super gemeistert, finde ich. Wir sind da wirklich bildungsgestaltend gewesen. Dann komme ich, egal wo ich hingehe, in Bayern an einen ganz inspirierenden Lernort. Ich glaube, solche Sachen muss man aufpassen, dass man da nicht zu konservativ an die ganze Sache rangeht.
Uwe Fahr: Herzlich willkommen zum Podcast Zukunft der Lehre. Wissen teilen, Chancen gestalten. Mein Name ist Uwe Fahr. Ich bin Hochschul- und Wissenschaftsdidaktiker am Fortbildungszentrum Hochschullehre der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Sprecher von Profi-Lehre Plus, dem Verbund der Hochschuldidaktischen Zentren in Bayern. In dieser Reihe sprechen wir über die Zukunft der Lehre an Hochschulen. Wir sprechen zum Beispiel darüber, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf die Hochschullehre hat oder wie die Impulse des Wissenschaftsrates zur Veränderung der Hochschullehre aufgenommen werden. Heute spreche ich mit Prof. Dr. Ute Schmid. Wir haben uns über die Auswirkungen der künstlichen Intelligenz auf die Hochschullehre unterhalten. Ute Schmid leitet den Lehrstuhl für Kognitive Systeme an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Das Gespräch wurde am 10. Oktober 2023 auf dem Symposium Brückenschlag Lernprozesse in analogen, hybriden und digitalen Formaten aufgezeichnet. Die Fachtagung fand im Rahmen des bayernweiten Projekts QUADIS statt. QUADIS steht für die Qualität digital gestützter Lehre an bayerischen Hochschulen steigern. Das Projekt wird von Profi-Lehre Plus und dem Bayziel getragen.
Uwe Fahr: Ja, herzlich willkommen zu dem Podcast Zukunft der Lehre. Heute habe ich bei mir Frau Prof. Dr. Ute Schmid. Frau Prof. Dr. Ute Schmid ist Psychologin und Informatikerin. Das finde ich eine sehr, sehr spannende Kombination und auch nicht immer das, was man unbedingt erwartet, wenn man Informatik denkt. Es erfüllt also durchaus nicht so die gängigen Klischees und da bin ich schon mal sehr gespannt auf unser Gespräch, was wir gemeinsam hier jetzt führen werden über die Zukunft der Lehre und die Frage, wie die KI das Ganze auch verändern wird. Frau Prof. Dr. Ute Schmid hat eine lange Karriere mit vielen verschiedenen Stellen auch hinter sich. Sie haben unter anderem an der TU Berlin studiert, sind seit 2002 hier an der Universität Bamberg als Professorin und sind sehr engagiert in verschiedenen Bereichen, beispielsweise dem Bayerischen Institut für digitale Transformation oder dem Bayerischen KI-Rat und auch sehr engagiert, was die Unterstützung von Frauen in der Informatik anbelangt. Was ihnen auch ganz am Herzen liegt, ist die Aufklärung der Öffentlichkeit über künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen und das ist auch der Grund, warum wir jetzt heute hier sitzen und miteinander sprechen. Ja, wenn man sich so die Diskussion anschaut, gerade so etwas seit einem Jahr, ChatGPT plötzlich in aller Munde, man gewinnt den Eindruck, wir haben es wieder mal mit einer radikalen, disruptiven Technologie zu tun. Wie ist denn da Ihre Einschätzung? Ist das so oder ist das doch vielleicht auch ein bisschen differenzierter zu sehen?
Ute Schmid: Also ich denke schon, dass generell diese neuen Ansätze, man spricht von Foundation Models, weil sie eben nicht mehr sehr spezialisiert auf einen Bereich sind, was die meisten klassischen Machine Learning Ansätze sind, dass diese Foundation Models eigentlich eine vierte Welle der KI einläuten. Wir haben auf einmal nicht mehr das Thema Klassifikation, also etwa erkenne Hautkrebs auf Aufnahmen, sondern wir haben das Thema Generierung von Texten, von Bildern, von Videos. Also generative KI, glaube ich, ist wirklich was Neues, ist ein extrem mächtiges Werkzeug. Wir sehen praktisch täglich in Medien, aber auch, wenn ich mir angucke, was an Publikationen erscheint, immer nochmal neue Varianten, Ansätze und auch neue Einsatzmöglichkeiten und Ideen für Tools. Ich glaube, es ist ein enorm mächtiger Zugang. Ich glaube, wir können auch im Bereich Bildung viele wirklich innovative Dinge mit diesen Ansätzen tun. Ich glaube aber auch, wir sind sehr gefragt, wie wir das so steuern und sozio-technisch einbetten und gestalten, dass wir die Potenziale gut nutzen können, aber die Risiken möglichst gering halten.
Uwe Fahr: Schauen wir vielleicht mal auf das Thema Prüfung. Prüfungen standen ja ganz schnell so im Fokus und es hieß, ja, diese KI, die kann ja so toll viel und besteht da alle möglichen Prüfungen. Manche haben aber auch gesagt, na ja, vielleicht ist das ja einfach ein Zeichen dafür, dass die Prüfungen schlecht sind. Wie würden Sie das sehen?
Ute Schmid: Genau, also ich bin Anhängerin der zweiten Betrachtungsweise. Ich glaube, dass wir alle wach gerüttelt wurden durch die Leistungsfähigkeit, die etwa ChatGPT beim Formulieren von Texten hat, mit allen Schwächen, die wir inzwischen ja kennen, mangelnde Fakten treue, kein Rückbezug auf Quellen, Copyright-Probleme, vielleicht auch sprachliche Standardisierungsprozesse und so weiter. Aber ich glaube, wir sind alle gefragt, uns zu überlegen, was sind die Kernkompetenzziele in meinem Fach und was sind die geeigneten Prüfungsformate? Wahrscheinlich wird es doch in einigen Bereichen wieder auf die gute alte mündliche Prüfung rauslaufen. Da sehen wir aber natürlich das Problem des Zeitbudgets der einzelnen Dozentinnen und Dozenten. Es ist sicher klar, dass wir in großen Veranstaltungen digitale Prüfungsformate brauchen, weil es gar nicht mehr anders umsetzbar ist. Und da besteht die Herausforderung, wie gestalte ich die Prüfungen so, dass ich tatsächlich die Kompetenzziele adäquat abteste.
Uwe Fahr: Und mal so aus studierenden Sicht gedacht, also da könnte es ja auch etwas sein, von dem man sagt, ja prima, da gibt es doch vielleicht jetzt ein neues Instrument, was mich wirklich unterstützen könnte in meinem Lernen, denn irgendwie alle meine Fragen, die ich so habe, die kriege ich ja gar nicht so unter. Wie stehen da die Chancen, dass es wirklich auch für die Studierenden mal solche Angebote gibt, jetzt eben nicht auf die Prüfung, sondern eben während meinem Lernen. Ich will jetzt das Lernen, ich will mir dieses Wissensgebiet erschließen und wir unterstellen jetzt mal wirklich Studierende, die Interesse am Fach haben und nicht sagen, ich will jetzt eine schnelle Lösung haben, sondern die möchten etwas lernen.
Ute Schmid: Da gibt es natürlich klassische digitale Werkzeuge. Man kann, was nicht mehr so verpönt ist, wie es mal war, sich erst mal über Wikipedia informieren. Das mache ich selber auch, wenn ich jetzt in irgendeiner speziellen Ecke von Mathematik oder auch Informatik sehr speziell schnell mal gucken muss oder will: Was ist es überhaupt? Es gibt eine Fülle von sehr guten bis sehr schlechten Angeboten an Erklärvideos. Also da kann man auch jetzt natürlich schon viel nutzen. Man kann, warum auch nicht, auch ChatGPT fragen, muss sich aber klar sein, dass ich dann eben keine Gewähr habe, dass die Antwort korrekt ist. Was ich relativ nützlich finde, ist eher mit differenzierten Prompting, also der Eingabe in ChatGPT, vielleicht mir für einen Text eine Zusammenfassung schreiben zu lassen. Das funktioniert meistens ziemlich gut, auch nicht in jedem Fall. Wenn ich vielleicht ein Referatsthema habe, könnte ich vielleicht mal nach einem Gliederungsvorschlag fragen. Also so, wie wir eine Google-Bildersuche verwenden, um uns dann ein gutes Bild rauszusuchen, kann man ChatGPT sicher verwenden, um sich erst mal Ideen geben zu lassen. Man darf aber dabei seinen eigenen Verstand nicht ausschalten. Im Gegenteil, man muss sogar kritischer werden, um dann genau zu gucken, ja, will ich das denn überhaupt? Fehlt vielleicht etwas und sollte dann wirklich auch andere Quellen nutzen. Warum nicht auch ein klassisches Lehrbuch?
Uwe Fahr: Jetzt als Lehrender könnte ich ja vielleicht auch auf die Idee kommen, dass die Zukunft vielleicht ja wirklich in so was wie intelligenten Tutorensystemen liegt. Würde ich jetzt so etwas entwickeln wollen für mein Fach? Was bräuchte ich dazu? Brauchte ich Geld? Brauchte ich Leute? Was bräuchte ich einfach nur Ideen?
Ute Schmid: Also ich glaube, erst mal sind intelligente Tutorsysteme ein wirklich wichtiges und zukunftsträchtiges KI-Werkzeug für Individualisierung der Lehre. Nicht als Ersatz für Lehre durch Dozierende, aber zum punktuellen Üben. Und das bietet sich an in Mathematik, beim Programmieren, vielleicht auch bei englischer Grammatik, wenn ich jetzt eine Sprache studiere und so weiter. Ich glaube, man würde sich sehr gezielt überlegen, was sind so typische Probleme, die ich als Dozent, Dozentin immer wieder beobachte, wo viele studierende Probleme haben und diesen Punkt identifizieren und den in einem intelligenten Tutorsystem umsetzen. Also nicht, um jetzt den Stoff in der Breite zu vermitteln, wie in einer Vorlesung, aber dann zum differenzierten Üben und individuellen Feedback.
Uwe Fahr: Also ein Kernbereich eigentlich der Arbeit, die da drinsteckt, würde auch da drin bestehen, wirklich die, sagen wir mal, die kognitiven Herausforderungen für die Studierenden, ein bestimmter Lernstoff beinhaltet, letztendlich herauszuarbeiten. Und das wird darum, es ist wirklich eine intensive Arbeit, die intensive Auseinandersetzung mit den Studierenden braucht, wenn ich sie da richtig verstehe, und ein intensives Engagement und wirklich ein didaktisches Denken. Also es wird nicht in gewisser Weise oder Frage, wird es eigentlich dadurch noch komplizierter, wird der Anspruch an mich eigentlich höher als Lehrende?
Ute Schmid: Eigentlich ja. Ich glaube auch nicht, dass einzelne Lehrende die Kapazitäten hätten, ITS-Systeme zu entwickeln. Ich glaube, dass sozusagen eine didaktische Fachgemeinschaft gemeinsam vielleicht identifiziert. Viele Studierende lernen heutzutage eine Programmiersprache etwa, das ist ja nicht nur im Informatikstudium der Fall, dass man sagt, ah schau mal, der Punkt, wenn ich von mir aus Schleifen einführe, macht vielen Probleme. Also machen wir für das Thema Programmieren von Schleifen Einstiegsprogrammiervorlesung ein ITS. Das machen wir alle zusammen. Die Fachdidaktiken gemeinsam mit KI-Forschenden, da steckt dann jede Menge Arbeit drin, denn die Systeme stehen und fallen damit, dass sie wirklich Fehler identifizieren können und adäquat auf die reagieren. Wenn so ein System Dinge korrigiert, die eigentlich korrekt sind oder wenn ein System Fehler nicht identifiziert, dann macht das Tool keinen Spaß und hat auch keinen positiven Effekt. Das heißt, um so was ordentlich zu machen, gerade wenn ich eben Lösungen generieren lasse und nicht multiple choice Formate wähle, steckt da sehr viel Arbeit drin. Aber wenn ich es für Bereiche mache, die sehr, sehr viele Fächer und Studierende betrifft, lohnt sich die Arbeit, weil so ein Tool dann, wenn es mal entwickelt ist, eben in der Breite eingesetzt werden kann.
Uwe Fahr: Würde das nicht auch bedeuten, dass die Kooperation unter Lehrenden in der Zukunft wesentlich stärker werden würde, als es heute der Fall ist?
Ute Schmid: Das fände ich sehr schön, weil ich glaube, wir können immer voneinander lernen im Fach, was gerade didaktische Aspekte angeht, vielleicht auch eine Entscheidung über Stoffauswahl. Wir wissen das alle. Eine Vorlesung haut ja eigentlich immer nur so ein paar Pflöcke und Leitplanken in ein riesen Gebiet. Und natürlich gibt es da Tradition, bewährte Tradition, was man etwa in einer Informatik I-Vorlesung vermitteln sollte. Aber natürlich kann man das im Team von Expertinnen und Experten durchaus auch mal kritisch reflektieren und sich vor allem auch fragen, was angesichts generativer KI-Tools eigentlich an zusätzlichen Skills, Kompetenzen vermittelt werden muss. Und das wird zukünftig immer mehr das kritische Prüfen oder wenn es um Programmieren geht, Debugging sein, als Ergänzung zum Generieren.
Uwe Fahr: Ich würde gerne noch mal zu einem Thema blicken, was eigentlich vor ChatGPT ganz stark so auch im Fokus stand, so das Thema Learning Analytics. Und im Grunde war da ja auch schon so eine riesige Hoffnung dahinter, dass dann hieß, ja, da wird man dann tolle Systeme generieren können und die Studierenden kriegen dann eigentlich Hilfestellungen auch schon vielleicht mit Blick darauf, wo sie jetzt Schwierigkeiten haben. Wie schätzen Sie diese Systeme ein?
Ute Schmid: Ich denke, solche Systeme können hilfreich sein für Dozierende wie Studierende, sind aber meiner Meinung nach naiv eingesetzt mit großen Gefahren verbunden. Zum einen benötigen wir, um solche Modelle zu trainieren, viele, viele Daten, so dass es sein kann, dass wir zum Teil nicht mehr das Primat des Didaktischen haben, sondern sagen, okay, wir machen jetzt sämtliche Interaktionen, Aufgabenlösungen online, damit wir genügend Daten haben, um die Modelle zu trainieren oder auch dann in der Anwendung, ich brauche viele Daten, einzelne Lernender, um entsprechend mehr Sicherheit bei Prognosen zu haben. Wir laufen auch immer Gefahr, dass wenn ein System uns eine Zahl ausgibt, ja, also etwa mit 93,5% Wahrscheinlichkeit wird Student X eine schlechte Note in einer Klausur haben, dass wir sehr schnell dieser Zahl Objektivität zuschreiben. Wir wissen aber alle, dass wenn ich Dinge erhebe, gerade wenn es nicht so was Einfaches ist wie ein Gewicht oder eine Länge, sondern so etwas wie eine kognitive Kompetenz, Motivation, Aufmerksamkeit, kognitive Belastung, Beanspruchung, das sind ja alles Konstrukte, wo sich die Psychologie seit vielen Jahrzehnten sehr aufwendig diagnostische Instrumente überlegt, wo ich gucken muss, wie reliable ist überhaupt so eine Messung, also wie zuverlässig kann ich etwas überhaupt messen und noch viel wichtiger, wie valide ist es. Also messe ich etwa mit Blickbewegung tatsächlich Aufmerksamkeit, da muss man sehr genau hingucken und nicht einfach glauben, naja, jetzt haben wir Daten und die sind die Wahrheit in Anführungsstrichen. Messung ist ja immer die Übertragung, etwas was empirisch in der Welt der Fall ist, in Zahlen und dabei können viele Fehler passieren.
Uwe Fahr: Genau, das ist ja im Grunde auch bei Prüfungen, wir versuchen Dinge zu messen, wir versuchen Dinge abzubilden, Prognosen für die Zukunft zu treffen, mit all den Schwierigkeiten, die das alles immer so mitteinhergehen und wenn ich Sie so richtig verstehe, dann sagen Sie ja auch, dass wir ja, wenn wir das alles ja auch tun, wir doch letztendlich uns mal wieder mehr Gedanken machen müssen über das Thema Bildung und was Bildung eigentlich überhaupt für uns bedeutet. Was bedeutet denn Bildung für Sie?
Ute Schmid: Das ist eine große Frage. Also ich kann mir das für viele Fächer gar nicht wirklich anmaßen, es zu sagen. Ich glaube Bildung, fangen wir mal mit Allgemeinbildung an. Also ich glaube, wir sollten einmal die Anstrengung haben, jedes Individuum in unserer Gesellschaft so gut wie möglich zu bilden, egal um welches Schulart es sich handelt und auch später im Beruf. Was in den einzelnen Fächern jeweils sozusagen die Kernkompetenzen sind, müssen die Fachdidaktiken meiner Meinung nach formulieren. Wenn ich jetzt Richtung Informatik gehe, ist es ganz sicher eine sehr solide Grundausbildung im Bereich, wie entwerfe ich Algorithmen, wie setze ich Algorithmen um und wie bewerte ich deren Eigenschaften, also zum Beispiel Korrektheit von Algorithmen. Dann kann ich mir, wenn ich das herausgearbeitet habe, überlegen, ja wie vermittel ich das denn? Das kann die gute alte Vorlesung plus Übung sein. Wahrscheinlich würde man heutzutage aber auch immer dazunehmen mit Copilot oder ähnlichen Systemen, Code-Generierung und dann sagen, wie debugge ich jetzt? Wie prompte ich vielleicht ordentlich für Code-Generierung und so weiter? Und ich glaube, wenn wir generell gucken, wir leben ja schon lange in Zeiten der Digitalität. Die Bildung hat das lange ein bisschen ausgeblendet, würde ich sagen. Und ich glaube, von der Grundschule bis zur Universität müssen wir uns Gedanken machen, wie wir mit digitalen Werkzeugen inklusive KI-Werkzeugen die Kompetenzziele, die wir erreichen wollen, sinnvoll umsetzen. Vielleicht noch allgemein zum Bildungsbegriff. Ich glaube sehr dran, dass Menschen produktiv sein sollten, problemlöseorientiert in ihrem Bereich, souverän arbeiten und beurteilen können sollten. Und ich glaube, dass der ganze Bereich der Einschätzung der Ausgaben von Medien, egal ob es sich jetzt um eine Online-Seite von einem Nachrichtensender handelt oder um die Ausgabe von ChatGPT, dass wir schulen müssen das Verständnis, was ist Fakt, was ist Meinung, wie prüfe ich Fakten? Soweit ich weiß, gilt im guten Journalismus, dass man drei unabhängige Quellen benötigt, um etwas als Fakt darstellen zu dürfen. Und ich glaube, diese Strategien, die gehören absolut in die Schule und wahrscheinlich schon ans Ende der Grundschule.
Uwe Fahr: Ja, vielleicht noch eine letzte Frage, ein Blick in die Zukunft. Was glauben Sie, sind die Dinge, mit denen wir uns in den nächsten Jahren auch noch stärker auseinandersetzen müssen?
Ute Schmid: Was mich freuen würde, wäre, wenn es eine große Anstrengung im Bereich der empirischen Bildungsforschung, der Fachdidaktiken und der KI-Forschung gemeinsam gäbe, große Projekte, die fokussiert auf einzelne fachliche Inhalte, sich genau die Fragen, die wir jetzt diskutiert haben, vertieft stellen und entsprechend die Curricula zeitgemäß auf ein Zeitalter der Digitalität anpassen. Was ich mir auch wünschen würde, wäre, dass vor allem in die Lehramtsstudiengänge Statistikgrundlagen gehören, denn Learning Analytics Tools sinnvoll nutzen verlangt ein Grundverständnis an Statistik, an Data Science. Ich glaube auch, dass das Thema, was man so als Digital Literacy und dann auch vielleicht AI Literacy bezeichnet, breit in alle Lehrgangsstudiengänge muss, vielleicht auch oder nicht nur vielleicht, sondern sicher auch in alle universitären Studiengänge und nicht nur in der Informatik sollte KI ein Thema sein, sondern eben auch in einem Anglistikstudiengang oder in einem Wirtschaftswissenschaftsstudiengang.
Uwe Fahr: Frau Professor Dr. Schmid, ganz herzlichen Dank für dieses Gespräch.
Ute Schmid: Vielen Dank.
Outro: Wissen teilen, Chancen gestalten wird vom Fortbildungszentrum Hochschullehre der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg im Rahmen des Projekts QUADIS erstellt. Produktion und Sprecher Dr. Uwe Fahr. Intro Dr. Stefan Rieger. Technische Unterstützung Thomas Bauernschmidt. Das Pianologo und die Musik stammen von MoodMode Pixar Bay. Der Podcast entstand im Oktober 2023.