Was sind "ästhetische Erfahrungen" im Theater? Längst ist es nicht mehr das Gute, Wahre und Schöne, was im Theater zu sehen ist, aber nach wie vor darf man von Theater besondere Erfahrungen erwarten, die im Alltag nicht in gleicher Weise zu haben sind. Weitreichende Wirkungen, wie man sie sonst nur Ritualen zutraut, werden dem Theater immer wieder zugeschrieben. Oft rekurrieren solche Zuschreibungen auf die Metapher der Grenze: dann ist von Grenzüberschreitungen, Schwellenerfahrungen, Transgressionen und Exzessen die Rede. Der Vortrag nimmt solche Redeweisen unter die Lupe und stellt die Frage, ob die theatertypische Erfahrung, sich auf der Schwelle zu befinden, nicht eher als ein Zaudern, ein Zögern oder Innehalten beschrieben werden müsste. Im Gegenwartstheater erleben wir Zwischenzustände, die weder wirklich noch unwirklich, weder präsent noch abwesend, weder einladend noch abstoßend erscheinen. Es könnte nahe liegen, darauf mit einem Schwanken zu reagieren.